Bei den meisten der anderen 37 Modelle war der Strahlenwert beim Tragen in der Hosentasche zu hoch: So erreichte das «Nokia 7 Plus» bei dieser Messung 3,48 Watt. Damit überschritt dieses Modell die gesetzlichen Vorgaben um das Anderthalbfache. Fällt ein Gerät bei der französischen Strahlenbehörde durch, muss es der Hersteller überarbeiten oder vom Markt nehmen. Xiaomi und Nokia schafften es, die Strahlenbelastung deutlich zu senken. Es ist umstritten, ob die offiziellen Grenzwerte angemessen sind. Diese hat die Internationale Kommission für nicht ionisierende Strahlung festgelegt. Die Kommission gilt als industrienah, wie 2020 ein Bericht von zwei EU-Parlamentariern zeigte. Demnach wurden Studien der Kommissionsmitglieder oft von Handyherstellern und Telecomfirmen finanziert. Die Kommission schreibt dazu, für ihre Mitglieder würden strikte Regeln für Verbindungen zur Industrie gelten. Eine externe Finanzierung von Studien sei nur erlaubt, wenn die wissenschaftliche Unabhängigkeit gewährleistet sei. Persönliche Zahlungen seien verboten.
Gericht: Telefonieren verursachte Tumor
Der italienische Anwalt Stefano Bertone hält nicht viel von den offiziellen Grenzwerten für Handystrahlung. Er hat im Auftrag der Südtiroler Verbraucherorganisation einen italienischen Arbeitnehmer vor Gericht vertreten: Dieser musste an seinem Arbeitsplatz täglich zweieinhalb Stunden lang mit einem Handy telefonieren. 2011 stellten die Ärzte bei ihm einen Gehirntumor fest. Bertone kritisiert: «Die tatsächliche Nutzung des Handys erfolgt nie unter den Bedingungen, unter denen die Behörden Tests durchführen.» Zudem gehe der SAR-Wert von einer nur kurzfristigen Erwärmung des Körpers beim Telefonieren aus. Krebs könne aber vor allem nach langer, häufiger Benutzung des Handys entstehen. In seinem Urteil zum Fall des italienischen Angestellten sah es das Appellationsgericht Turin als erwiesen an, dass der Tumor durch das Telefonieren entstanden war, und anerkannte dies als Berufskrankheit. Daher muss die Unfallversicherung dem Betroffenen lebenslang eine monatliche Rente von 350 Euro zahlen.
Das Turiner Gericht schätzt in seinem Urteil, dass die Handys des Klägers bis zu 50 Mal stärker strahlten als modernere Geräte. In Italien stellten Gerichte schon früher einen kausalen Zusammenhang zwischen Tumoren und der Handystrahlung fest. So entschied 2017 das Arbeitsgericht in Ivrea, dass der Tumor eines ehemaligen Telecomangestellten eine Folge seiner Telefongespräche während der Arbeitszeit seien. Und das Kassationsgericht in Rom hatte 2012 das häufige Telefonieren eines Managers mit dem Handy als Ursache für dessen Tumorerkrankung anerkannt und ihm eine Invalidenrente zugesprochen. Bisher gibt es von Schweizer Gerichten keine Urteile zu gesundheitlichen Schäden infolge Handynutzung.
Tipps: So senken Sie die Strahlenbelastung
■ Halten Sie Telefonate mit dem Smartphone so kurz wie möglich.
■ Verwenden Sie zum Telefonieren Kopfhörer oder Headsets. «Saldo» hat kabellose Kopfhörer getestet («Saldo» 1/2023). Der Test ist zu finden auf Saldo.ch -> Tests -> Produktetests -> «Günstige Ohrhörer holen zu Spitzenreiter Apple auf».
■ Schalten Sie das Handy aus, wenn Sie es nicht verwenden.
■ Telefonieren Sie nur bei gutem Empfang und nicht im Auto oder in der Bahn.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der K-Tipp Redaktion