Vortrag in Luxemburg: Aufwach(s)en im Umgang mit digitalen Medien

Was Eltern und Erzieher tun können, damit ihre Kinder nicht vom Handy abhängig werden
Am 21.3.2023 war Peter Hensinger von der Umweltorganisation AKUT auf Vorschlag des Luxemburger Politikers Jean Huss zu einem Vortrag über die Auswirkungen digitaler Medien auf Kinder und Jugendliche eingeladen.
Chantal Baden & Jean Huss (AKUT), Peter Hensinger

In Luxemburg wird die Diskussion über die Risiken digitaler Medien für Kinder und Jugendliche öffentlich geführt. So schreibt das >>> Luxemburger Tageblatt:

  • „Kinder lieben alles, was einen Bildschirm hat. Viele Eltern sind verunsichert, wie sie damit umgehen sollen. Nun hat das Bildungsministerium gemeinsam mit „Bee Secure“ eine Kampagne gestartet, die Eltern zu den Gefahren aufklären soll.“

Der Bildungsminister Claude Meisch appelliert an die Vorbildfunktion der Eltern und sagte im Interview:

  • „Einfach mal den Kindern sagen, wir gehen jetzt raus, Fußball spielen. Es gibt also Möglichkeiten, die jungen Menschen vom Bildschirm wegzubekommen. Während dieser Zeit bleibt die Playstation oder das Tablet aus ...  Unsere Politik will das Suchtpotential eingrenzen. Deshalb wollen wir starke Kinder, die resistent sind, nicht nur gegenüber digitalen Medien“(28.02.2023).

Dieses Problembewusstsein, ausgesprochen von einem Minister, ist eine gute Grundlage, in der Schule eine Erziehung zur Medienmündigkeit zu etablieren. Werden sich in dieser Debatte die Tech-Konzerne mit ihrer Lobbyarbeit oder verantwortungsvolle Politiker, Pädagogen und Eltern durchsetzen? Die Veranstaltung sollte dafür Argumente liefern.

Peter Hensinger stellte, nach den einleitenden Worten von Jean Huss, in seinem Vortrag v.a. die Erkenntnisse aus der neurobiologischen Forschung und neueste Ergebnisse aus empirischen Untersuchungen zu Sprach-, Lesekompetenzen und Mediensucht dar.

  • Warum wird die Gehirnentwicklung durch die frühe Nutzung digitaler Medien irreversibel geschädigt?
  • Wie entsteht die Internetsucht, warum ist das Smartphone eine Droge und wirkt schon eine halbe Stunde Nutzung bei Kleinkindern wie ein Anfixen?
  • Welche Folgen hat der Bewegungsmangel?
  • Wie wirken sich die digitalen Medien auf die Bewusstseinsentwicklung aus?
  • Welchen Anteil hat die Digitalisierung an der Bildungskatastrophe in Deutschland?
  • Ist die digitale Bildung ein Ausweg?
  • Wie wirkt sich die Strahlenbelastung der mobilen Geräte v.a. auf Gehirn- und Lernprozesse aus?

Erst, wenn man diese Risiken und ihre Wechselwirkungen kennt, kann man gezielt mit Alternativen gegensteuern. Um diese Alternativen ging es auch in der Diskussion. Wir müssen verhindern, dass die digitale Revolution unsere Kinder frisst, darin waren sich die BesucherInnen einig.

Den Vortrag mit Quellenangaben, die PPT-Präsentation und drei weitere Fachartikel bekamen alle Besucherinnen und Besucher.

>>> Vortrag, Power Point und Fachartikel stehen in der rechten Spalte zum Download.

RTL

RTL: Bericht zur Veranstaltung und Radio-Interview mit Peter Hensinger:

https://www.rtl.lu/radio/reportage/s/4356401.html

"Am Laf vun de leschte Joerzéngten hu sech d'Offer, de Contenu an d'Diversitéit vun de Medien an domadder och den Alldag vun eis all immens verännert. Medie wéi de Computer an Internet, d'Smartphonen an d'Tablett sinn effektiv well feste Bestanddeel vun eisem Alldag ginn. A genee an där Welt wuessen eis Kanner haut op."

 

Text des Audios bei RTL

„Ehe die Jüngsten ein Smartphone oder eine Fernbedienung selbst in ihren Händen halten können, sehen sie bereits, wie in der Familie mobile Geräte benutzt werden. Besonders in den ersten Lebensjahren brauchen Kinder jedoch viele Sinneserfahrungen: Riechen, Schmecken, Hören, Sehen und Fühlen (Tasten) sind für die Entwicklung ihres Gehirns extrem wichtig. Kinder lernen ihre Umwelt kennen, indem sie ausprobieren und nachahmen. Dafür brauchen sie kein Tablet oder Smartphone, auch wenn man diese mal punktuell einsetzen kann, um die Kleinsten zu stimulieren oder ihnen Wissen zu übermitteln. Es gilt aber gerade bei Kindern beim Umgang mit Smartphone und Co. gut aufzupassen, so Peter Hensinger, Pädagoge und Vize-Präsident von diagnose-funk :

  • "Das Hauptrisiko ist, dass Kinder von den Medien abhängig werden. Kleinkinder sehen bei ihren Eltern, dass diese das Smartphone benutzen, also muss das was Gutes sein. Und das Risiko besteht darin, dass diese Medien das natürliche Spielen, das Sprechen mit den Eltern, das Vorlesen, ersetzen und damit bei den Kindern schon ganz früh Sucht nach diesen Geräten ausgelöst wird. Bei Jugendlichen ist es das Gleiche, Sie müssen nur um sich schauen. Ein Jugendlicher kann heute Langeweile oder Stille nicht mehr ertragen, er muss sofort das Smartphone rausziehen."

Daneben haben Studien in der Zwischenzeit auch ergeben, dass sich Kinder durch Benutzung von digitalen Medien weniger bewegen, was auf Dauer Übergewicht als Konsequenz hat. Auch Kreativität und schulische Kompetenzen nehmen ab. Natürlich macht die Dosis hier, wie bei vielen Dingen, den Unterschied. Aber wichtig wäre es, so Peter Hensinger, dass Kinder lernen, sinnvoll mit Digitalmedien umzugehen. 

  • "Es braucht eine Erziehung zu Medienmündigkeit. Die Medien dürfen die Kinder nicht beherrschen, sondern die Kinder oder die Jugendlichen müssen die Medien beherrschen. Und deshalb muss die Medienerziehung Teil des Unterrichts sein. Medienerziehung bedeutet Lesen, Rundfunk und Fernsehen, Smartphone und Internet, und das braucht in Zukunft einen hohen Stellenwert im Unterricht, weil die Medien so einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft haben. Das ist völlig vernachlässigt worden."

Hier sei der Staat gefordert, die Sache in Angriff zu nehmen. Aber so ganz ohne Handy und Co. wird in unserer Gesellschaft heute kaum noch ein Kind aufwachsen, jedoch könnte man als Erwachsener probieren, das Smartphone mal öfters beiseitezulegen und sich mehr auf sein Kind und seine Umwelt konzentrieren.
 

Publikation zum Thema

Format: DIN B5Seitenanzahl: 156 Veröffentlicht am: 30.10.2018 Bestellnr.: 111Sprache: DeutschHerausgeber: diagnose:media

Gesund aufwachsen in der digitalen Medienwelt

Orientierungshilfe für Eltern und alle, die Kinder und Jugendliche begleiten.
Autor:
Autorenteam diagnose:media
Inhalt:
Viele Beobachtungen und Studien von Experten zeigen, dass der zu frühe Kontakt von Kindern und Jugendlichen mit den neuen Medien mit erheblichen Risiken für ihre Entwicklung und ihre Gesundheit verbunden ist. Wir wissen heute: Erst wenn das Kind seine biologisch notwendigen Entwicklungsschritte in den verschiedenen Lebensabschnitten gut bewältigt hat, kann es die Fähigkeit zu einem kompetenten und selbstbestimmten Medienumgang entwickeln. Das Buch nimmt die übergeordnete Fragestellung auf, was Kinder bzw. Jugendliche für ihre gesunde Entwicklung in verschiedenen Entwicklungsphasen brauchen. Der pädagogische Standpunkt der Autoren versucht eine Balance aufzuzeigen zwischen den Wünschen der Kinder und Jugendlichen und den Einschränkungen, die als Vorsorgemaßnahmen zur Abwendung von Gefahren erforderlich sind.
Format: DVDSeitenanzahl: 40 Min. Hauptfilm, 75 Min. Bonustracks Veröffentlicht am: 23.02.2021 Bestellnr.: 954, Preis 17,90 EuroSprache: DeutschHerausgeber: diagnose:funk

Aufwach(s)en im Umgang mit digitalen Medien

Was Eltern und Erzieher wissen sollten: Wie der Gebrauch digitaler Medien die Gehirnentwicklung beeinflusst
Inhalt:
Regie: Klaus Scheidsteger / Drehbuch: Gertraud Teuchert-Noodt, Peter Hensinger, Klaus Scheidsteger / Musik: Markus Stockhausen / Länge: 40 Minuten. Bonustracks: Vortrag Prof. G. Teuchert-Noodt zum Stand der Forschung (30 min) / Video über die Bedeutung des Stirnhirns (15 min) / Vortrag Peter Hensinger zum Forschungsstand WLAN (30 min). Diagnose:funk will Eltern und ErzieherInnen mit diesem Film darin unterstützen, die Entwicklung ihrer Kinder unter dem Einfluss digi­taler Medien bestmöglich zu verstehen. Ihr Kind soll zu einem gesunden, selbstsicheren und intelligenten Menschen he­ranwachsen, um später mit den komplexen Anforderungen des Lebens gut zu­rechtkommen zu können. Wie kann das gelingen, wenn Kinder heutzutage im Alltag unzähligen digitalen Medien ausgesetzt sind, die ihren Bewegungsdrang einschränken und ihre sinnli­chen Erfahrungen verkümmern lassen? Hier müssen Eltern und Erzieher die rich­tigen Entscheidungen treffen. Dieser Film vermittelt Wissen von berufener Seite, der Hirnforschung. Prof. Gertraud Teuchert-Noodt forschte an ihrem Institut über 25 Jahre über das Ler­nen und die Gehirnentwicklung. Ihre Erkenntnisse über die Wirkungen digitaler Medien auf die Gehirnentwicklung werden im Film verständlich dargestellt.
Format: DIN langSeitenanzahl: 32 Veröffentlicht am: 10.10.2018 Bestellnr.: 371Sprache: Deutsch

Medienkonsum und Mobilfunkstrahlung

Empfehlungen für die gesunde Entwicklung Ihres Kindes
Autor:
Kompetenzinitiative e.V., diagnose:funk, Stiftung für Kinder
Inhalt:
Dieser neue Flyer für Eltern, Familien und die pädagogische Praxis informiert in kompakter Form über Risiken heutigen Medienkonsums: Altersspezifisch von der Schwangerschaft bis ins Jugendalter, thematisch von den Auswirkungen der Mobilfunkstrahlung bis zu suchtähnlichen Erscheinungsweisen. Er gibt praktische Tipps für eine altersgerechte, ausgewogene und gesunde Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen. Besonders geeignet für Eltern, Familien, KiTas, Schulen, Bildungseinrichtungen, pädagogische, ärztliche, soziale und verwandte Tätigkeitsbereiche. In Zusammenarbeit mit: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) – AK Immissionsschutz / Elektromagnetische Felder, Europäische Akademie für Umweltmedizin e.V. (EUROPAEM), Pandora | Stiftung für unabhängige Forschung, Institut für Baubiologie + Nachhaltigkeit (IBN).
umg 1/2020
Heft 1/2020Format: A4Seitenanzahl: 10 Veröffentlicht am: 10.12.2022 Sprache: DeutschHerausgeber: umwelt-medizin-gesellschaft

WLAN an Kindertagesstätten und Schulen: Ein Hype verdeckt die Risiken


Autor:
Peter Hensinger
Inhalt:
Die geplante „Digitale Bildung“ fußt auf der Infrastruktur von Smartphones, Tablets und WLAN (Wireless Local Area Network). WLAN ist dabei das Herzstück der mobilen Datenübertragung. WLAN gilt inzwischen als Statussymbol für eine moderne Schule. Zur WLAN-Mikrowellen-Frequenz von 2.450 MHz und seiner Taktung mit 10 Hz gibt es Untersuchungen, die erhebliche Risiken für die Gesundheit nachweisen. Eine Zusammenschau der Erkenntnisse aus der Hirnforschung über die Wirkung des durch digitale Medien beschleunigten Überflusses an Informationen, der Reizüberflutung und der Ergebnisse der Forschung zu Risiken der Strahlungseinwirkungen auf den Gehirnstoffwechsel führt zu einem tieferen Verständnis des Schädigungspotenzials. Insbesondere das reifende Gehirn von Kindern ist gefährdet. Eine Diskussion darüber wird von den zuständigen Ministerien und Kultusbehörden nicht geführt, sondern es wird versucht, besorgte Eltern mit Fortschrittserzählungen und Textbausteinen zu beruhigen.
Ja, ich möchte etwas spenden!