Neue Studie zeigt: Mobilfunkstrahlung stört Bäume beim Sex

Pressemitteilung von diagnose:funk, 8.6.2022
Türkische Kiefern produzieren deutlich weniger Blüten und Zapfen, Keimfähigkeit der Samen reduziert
Türkische Kiefer: Zahl der Blüten in Abhängigkeit der Entfernung von einem MobilfunksendemastGrafik: diagnose:funk/Benedikt Adler

Stuttgart, 8.6.2022: Eine aktuelle Studie der Universität im türkischen Bartin zeigt sehr eindrücklich, wie bei der Türkischen Kiefer (bot.: Pinus brutia) die Zahl der Blüten, die Zahl der produzierten Zapfen und die Keimfähigkeit dieser Zapfen durch die Strahlung eines Mobilfunksendemastes massiv reduziert wird. Dazu haben die Forscher Blüten und Zapfen in Entfernungen von 100 Meter bis 800 Meter vom Sendemast gezählt: Die Bäume in 100 Meter Entfernung haben um den Faktor 11 weniger männliche und weibliche Blüten und um den Faktor 7 weniger Zapfen. Nur 33% der in 100 Meter Entfernung gesammelten Samen keimen erfolgreich im Gegensatz zu 91% Keimerfolg bei den Samen aus 800 Meter Entfernung zum Mobilfunkmast (siehe Grafik). Offensichtlich schädigt die Mobilfunkstrahlung die Fortpflanzungsfähigkeit der Bäume.

Die Umwelt- und Verbraucherorganisation diagnose:funk veröffentlicht eine ausführliche Besprechung dieser Studie im ElektrosmogReport 2-2022 in der Studiendatenbank EMF:data.
https://www.emfdata.org/de/studien/detail&id=635
https://www.emfdata.org/de/elektrosmogreport/detail&id=19

„Mobilfunkstrahlung ist schädlich. Das wissen wir bereits aus hunderten wissenschaftlichen Einzelstudien an Versuchstieren und an Zellkulturen. Das wissen wir auch aus dem umfangreichen STOA-Review, der letztes Jahr für die EU-Parlamentarier erstellt wurde“, sagt Jörn Gutbier, Vorsitzender von diagnose:funk. „Nun zeigt diese neue türkische Studie sehr eindrücklich, dass auch Bäume empfindlich auf Mobilfunkstrahlung reagieren können. Das muss als Weckruf für Politiker wie Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, gelten. Die Mobilfunkversorgung muss und kann auf ein für Mensch und Natur verträgliches Strahlungsniveau gesenkt werden nach dem Motto: Technik sinnvoll nutzen! Dieses Motto müsste einem FDP-Minister doch gefallen.“

Infos zum Review für den Technikfolgenausschuss des EU-Parlaments (STOA), der die wissenschaftliche Studienlage zu Mobilfunkstrahlung und Krebs sowie Fruchtbarkeit untersucht hat: https://www.diagnose-funk.org/1740

 

Kiefern-Studie

Ozel, H.B., Cetin, M., Sevik, H. et al. The effects of base station as an electromagnetic radiation source on flower and cone yield and germination percentage in Pinus brutia Ten. BIOLOGIA FUTURA 72, 359–365 (2021). https://doi.org/10.1007/s42977-021-00085-1

Deutscher Titel: Die Auswirkungen einer Basisstation als elektromagnetische Strahlungsquelle auf den Blüten- und Zapfenertrag und den Prozentsatz der Keimung bei Pinus brutia.

Hauptautor: Forstwissenschaftler Prof. Dr. Halil Barış Özel, Bartin Universität, Türkei, https://en.bartin.edu.tr

https://akademik.yok.gov.tr/AkademikArama/view/viewAuthor.jsp?islem=direct&authorId=7E193D5B54E611D6

 

ElektrosmogReport

Die Fachzeitschrift ElektrosmogReport erscheint im 28. Jahrgang. Sie bespricht 4x im Jahr neue Studien zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen v.a. von Mobilfunkstrahlung. In der Studiendatenbank EMFdata.org sind 505 Studien gelistet, die Effekte durch Funkstrahlung zeigen, 320 dieser Studien sind durch EMF:data im Detail ausgewertet.

In der aktuellen Ausgabe ElektrosmogReport 2-2022 werden neben der Kiefern-Studie weitere aktuelle wissenschaftliche Studien zu folgenden Themen besprochen:

  • Sehnerv durch Mobilfunkstrahlung geschädigt: „LTE-Advanced Pro“-Mobilfunkstrahlung (4,5 G) für 2 Stunden am Tag über einen Zeitraum von 6 Wochen kann oxidative Schädigungen des Sehnervs verursachen.
  • Gehirn: Mobilfunkstrahlung führt bei Versuchstieren zu Beeinträchtigungen in Aktivität, Morphologie, Chemie und im Verhalten, zu Schädigungen der Nervenzellen in Hirnrinde und Hippocampus und verringert die neuronale Zellteilung und damit das Zellwachstum.
  • Epilepsie: Ein systematischer Review zeigt, dass die Gehirnwellen epileptischer Patienten noch empfindlicher auf die elektromagnetischen Wellen des Mobiltelefons (hier GSM) reagieren.
  • Krebsauslösendes Potenzial bestätigt: In mehreren Experimenten wurden erhöhtes Zellwachstum, erhöhte Wanderungsfähigkeit der Zellen und starke Tumorbildung bei Mäusen nachgewiesen.
  • 5G: Bewertung der menschlichen Exposition durch Mobilfunkantennen in 5G-Netzen und Beschreibung eines potenziellen Mechanismus, wie Millimeterwellen (hohe 5G-Frequenzen >24 GHz) Auswirkungen in tieferliegenden Geweben haben könnten.

 

Strahlungsniveau der Mobilfunkversorgung

Die aktuellen Strahlungswerte von Mobilfunkmasten sind auf die Durchleuchtung aller Gebäude ausgerichtet. Für eine gute Funkversorgung auf der Straße sind jedoch extrem viel geringere Strahlungswerte nötig, unter denen weder Mensch noch die Natur leiden müssten. Daher empfiehlt die STOA-Studie, die als Entscheidungsgrundlage für EU-Parlamentarier erstellt wurde, als politische Optionen die Senkung der Strahlenbelastung und die Senkung der Grenzwerte. Diagnose:funk fordert von Digitalminister Volker Wissing Vorsorgepolitik statt Mobilfunk-Lobbyismus.

 

Alternativen

Für Telefon- und Internetanschlüsse in Gebäuden gibt es sinnvolle und energiesparende Lösungen: Extrem gering strahlendes WLAN ohne gesundheitsschädlichen 10-Hertz-Takt oder die Alternative „Kabel“. Das Kabel vermeidet Gesundheits- und Umweltschäden vollständig und bietet schnellere sowie sichere Datenverbindungen. So könnte die vorhandene Digitaltechnik sinnvoll genutzt werden, politischer Wille vorausgesetzt.

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