Negativrekord für Antenne in Saas-Fee
Am meisten Grenzwertverstösse der grösseren Kantone gab es in den letzten drei Jahren prozentual im Wallis: 26 von 96 neuen Antennen strahlten dort zu stark – das sind 27 Prozent. Überdurchschnittlich viele Überschreitungen gab es auch in den Kantonen Bern, Freiburg und Zug. 2018 strahlte im Kanton Bern mehr als jede zweite neue Antenne zu stark: 19 von 34 Antennen. Auffällig: Je öfter Kantone die Handystrahlung messen lassen, umso mehr Grenzwertverstösse stellen sie fest – etwa im Kanton Wallis. Bei einer Antenne in Saas-Fee VS massen Kontrolleure 23,79 Volt pro Meter. Das ist fast das Fünffache des zulässigen Werts.
Wenn eine neue Handyantenne zu stark strahlt, muss der Betreiber die Strahlung innert 24 Stunden reduzieren. Einzelne Kantone räumen den Telecomkonzernen jedoch eine ganze Woche ein – bis sie die geltenden Grenzwerte einhalten müssen.
Messungen nicht in allen Kantonen publik
Rebekka Meier vom «Verein Schutz vor Strahlung» hält die vielen Überschreitungen für «erschreckend»: «Das zeigt, dass die Mobilfunkfirmen nicht nur an die Grenze gehen – sondern auch darüber hinaus.» Sie kritisiert, dass sich die Behörden oft weigern, die Berichte den Anwohnern herauszugeben.
Selbst die Behörden sind irritiert: Ulrich Nyffenegger, Vorsteher des Berner Amts für Umwelt und Energie, zeigt sich «sehr überrascht» von den vielen Missachtungen des Grenzwertes. Es bestehe aber für die Behörde kein Handlungsbedarf, weil die Antennenbetreiber die zu starke Strahlung ja rasch reduzieren würden.
Für die Telecomfirmen sind die Grenzwertüberschreitungen kein Problem. Sunrise UPC schreibt dem K-Tipp: «Abnahmemessungen gehören zur normalen Überprüfung einer Anlage.» Die Prognose der Strahlung vor der Installation einer Antenne könne «nicht allen Feinheiten Rechnung tragen ». So argumentiert auch Salt. Swisscom gibt zu, dass Betreiber ans Limit gehen: «Zur bestmöglichen Versorgung eines Gebiets müssen wir die verfügbare Leistung einer Antenne voll nutzen.»
Aufgrund einer aktuellen Studie fordert der «Verein Schutz vor Strahlung» eine Senkung des Grenzwerts. US-Forscher fanden heraus, dass bei Ratten schon viel tiefere Handystrahlung als angenommen zu Vorläufererscheinungen von Krebs führt. Ihre Schlussfolgerung: Vor allem Kleinkinder sind mit den geltenden Grenzwerten zu wenig geschützt.
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Anwohner haben Einspracherecht
5G-Antennen bündeln die Strahlung wie Scheinwerfer dorthin, wo sich Mobilgeräte befinden. Die Telecomfirmen drückten beim Bund eine neue Regelung durch: 5G-Antennen müssen den Grenzwert nicht mehr ständig einhalten, sondern nur im Durchschnitt über sechs Minuten. Die kantonalen Umweltämter verlangen eine Baubewilligung, gestützt auf ein Gutachten für neue oder umgerüstete Antennen. Vorteil für Anwohner: Sie können sich mit einer Einsprache gegen neue Antennen wehren (K-Tipp 8/2021). Aktuell sind landesweit laut Strahlenschutzorganisationen rund 3000 Einsprachen gegen 5G- Antennen pendent.
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Abdruck mit freundliche Genehmigung der K-Tipp Reaktion