Schweiz: Hinweise für Einsprache gegen Baubegehren von Mobilfunkantennen

Formulierungshilfen von diagnose:funk Schweiz
In vielen Kommunen in der Schweiz sind Initiativen aktiv, um geplante Mobilfunkantennen zu verhindern oder um einen Standort nach Kriterien der Strahlenminimierung zu erzwingen. diagnose:funk Schweiz hat eine Musterbegründung für Einsprachen verfasst.
Protestaktion am 25.01.2020 in ZürichBild: Martin Zahnd

Wenn der Mobilfunkanbieter die NIS (Nicht Ionisierende Strahlung) Vorgaben einhält, wird man im Stadtgebiet lediglich eine Verzögerung der Errichtung von Antennen erreichen. Im ländlichen Umfeld gibt es oft mehr Möglichkeiten, um auf Gemeindeebene zonenplanbezogene Einschränkungen zu erwirken.

Wird ein Neu- oder Umbau einer Antenne geplant, wird die Bevölkerung “in angemessener Weise“ informiert (Amtsblatt, Anzeiger der Gemeinde, etc.). Innerhalb einer 30-tägigen Frist sind die Unterlagen (Standortdatenblatt) öffentlich einsehbar und Einsprachen können ohne Kostenrisiko per eingeschriebenem Brief eingereicht werden.

Wichtige Schritte

  • Suchen Sie Gleichgesinnte – ein Team ist besser als Einzelkämpfer
  • Kopieren Sie das Standortdatenblatt und allenfalls weiter Unterlagen
  • Arbeiten Sie den Text für die Einsprache aus (siehe Hinweise).
    Wichtig: Erwähnen Sie alle möglichen Punkte. Lieber zu viele Punkte auflisten, als Punkte, welche letztendlich relevant sein könnten, zu vergessen. Bei einem allfälligen Weiterzug können keine neuen Argumente nachgereicht werden!
  • Machen Sie keine Sammeleinsprachen! Sollte es zu einem Weiterzug kommen, sind 20 Einsprachen mit gleichem Wortlaut wirkungsvoller als eine Einsprache mit 20 Unterschriften. Wenn mehrere Einsprecher bereit sind ihre Einsprachen juristisch weiter zu ziehen, verteilt sich auch die Kostenverantwortung auf mehrere Einsprecher welche zusammen agieren.

Einsprachebegründungen:

Nicht Zutreffendes löschen

Mit * markierte Einträge anpassen.

Mit ** markierte Angaben sind nur für adaptive Antennen relevant

Mit *** markierte Angaben sind nur für 5G-Antennen (= 2‘100 bis 3‘800 GHz) relevant

Der Bau (Umbau) und die Standortwahl der vorgesehenen Antenne sind aus folgenden Gründen inakzeptabel:

  • **Bei den Antennen gemäss Standortdatenblatt handelt es sich auch um adaptive Beamforming-Antennen. In der Publikation hätte (*** „5G“ oder zumindest) „adaptive Antenne“ erwähnt werden müssen.
  • **Gemäss den am 23. Feb. 2021 veröffentlichten BAFU- «Erläuterungen zu adaptiven Antennen und deren Beurteilung gemäss der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV)» ist mit einer immensen Grenzwerterhöhung durch die Hintertür zu rechnen!
    Die behauptete, angeblich geringere Mikrowellen-Belastung durch adaptive (4G-) 5G-Antennen infolge des „Beamformings“, steht im Widerspruch zu den technischen Signal-Ausbreitungseigenschaften und ist falsch!
    Ausserdem soll ein Mittelwert über 6 Minuten gemessen werden. In der NISV wird bezüglich den Anlagegrenzwerten ausdrücklich auf Effektivwerte hingewiesen, welche maximal über die Pulsdauer (< 1 Sekunde) gebildet werden.

Es ist ersichtlich, dass die NISV und insbesondere die neue Verordnungsbestimmung über adaptive Antennen nicht gesetzes- und verfassungskonform sind. Das Vorsorgeprinzip als zentrales Regelungsprinzip des Umweltrechts verpflichtet die Behörden, Einwirkungen auf den Menschen und seine Umwelt, die schädlich oder lästig werden könnten, möglichst frühzeitig und am Ort ihres Entstehens zu begrenzen.

  • **NISV Anhang 1 Ziffer 63: « Als massgebender Betriebszustand gilt der maximale Gesprächs- und Datenverkehr bei maximaler Sendeleistung; bei adaptiven Antennen wird die Variabilität der Senderichtungen und der Antennendiagramme berücksichtigt».

Nun empfiehlt jedoch das BAFU, adaptive Antennen gleich wie konventionelle zu behandeln, also die Variabilität der Senderichtungen nicht korrekt zu berücksichtigen. Diese Regelung weicht von der aktuellen NIS-Verordnung ab.

  • Gemäss Umweltschutzgesetz-Wortlaut «Dieses Gesetz soll Menschen, Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume gegen schädliche oder lästige Einwirkungen schützen sowie die natürlichen Lebensgrundlagen [...] dauerhaft erhalten.» besteht auch eine Verletzung des Vorsorgeprinzips durch fehlende Grenzwerte für Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume. Indirekt ist somit wiederum der Mensch gefährdet, da er von einem funktionsfähigen Ökosystem abhängig ist.
  • An den Antennenstandort grenzt eine Schutzzone (Schonzone, Denkmal geschützte Objekte). Der vorgesehene Antennenbau ist äusserst hässlich und widerspricht in krasser Weise der (Landschaft-, Dorfbild-) Stadtbildidee, welche es zu erhalten gilt.
  • Der Standort ist in der Nähe einer Schule (eines  Kindergartens, eines Kinderspielplatzes). Studien belegen, dass die Risiken infolge elektromagnetischer Strahlung bei Kindern viel grösser sind.
  • In unmittelbarer Nähe des Standortes gibt es ein Gartenrestaurant (öffentlicher Platz) wo sich Personen längere Zeit aufhalten. Dies müsste ein OMEN sein.
  • Der geplante Antennenstandort liegt neben einem Spital! Dass schwer kranke Patienten einer erhöhten elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt werden kann nun wirklich nicht toleriert werden.
  • In unmittelbarer Umgebung gibt es schon (eine) andere Antenne(n).
    Die berechneten Feldstärken, wie sie im Baubegehren ausgewiesen wurden, beziehen sich nur auf eine Anlage. Die tatsächlichen Werte sind somit höher und werden in einigen Wohnungen den AGW überschreiten.
  • Es ist anzunehmen, dass der vorgesehene Aufbau (Technikcontainer) die geltenden Bauvorschriften überschreitet. Zudem sind derartige Einrichtungen lärmend, was für ein Wohnquartier nicht akzeptabel ist.
  • Neuere Studien zeigen, dass die elektromagnetischen Felder (EMF) schädlich sind! Diesbezüglich sei insbesondere auf die Ramazzini, NTP Studien, auf die  ATHEM-2 und auf die REFLEX-Studie, aber auch auf die Studie von Prof. Lerchl der Jacobs Universität Bremen hingewiesen, welche höhere Tumorrisiken unter den geltenden Grenzwerten nachweisen.
  • Die «Beratende Expertengruppe nicht-Ionisierende Strahlung BERENIS» hat Studien in einer Sonderausgabe vom Nov. 2018 zusammengefasst und schliesst nicht aus, dass diese und weitere Studien zu einer Herabsetzung der geltenden Grenzwerte führen könnten!

In diesem Frühjahr veröffentlichte die BERENIS einen Sondernewsletter zur aktuellen NIS Forschungslag. Darin wird darauf hingewiesen, dass für Personen mit Diabetes, Immunschwächen, Alzheimer und Parkinson zu erwarten sei, «[…] dass bei Individuen mit solchen Vorschädigungen vermehrt Gesundheitseffekte auftreten.» Ferner ist zu lesen: «Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Mehrzahl der Tierstudien und mehr als die Hälfte der Zellstudien Hinweise auf vermehrten oxidativen Stress durch HF-EMF und NF-MF gibt. [...], auch im Bereich der Anlagegrenzwerte.» Da es schon im Bereich der Anlagegrenzwerte (AGW) zu oxidativem Stress kommen kann, ist offensichtlich, dass die Antenne im Wohngebiet inakzeptabel ist.

Selbst das BAFU erwähnt in der Information an die Kantone (17. 04. 2019): «Nach wissenschaftlichen Kriterien ausreichend nachgewiesen ist eine Beeinflussung der Hirnströme. Begrenzte Evidenz besteht für eine Beeinflussung der Durchblutung des Gehirns, für eine Beeinträchtigung der Spermienqualität, für eine Destabilisierung der Erbinfor­mation sowie für Auswirkungen auf die Expression von Genen, den program­mierten Zelltod und oxidativen Zellstress.»

  • Zudem werden die Einflüsse von schädlichen Pulsationen auf biologische Orga­nismen durch die jetzigen Grenzwerte nicht begrenzt. Der aktuelle Bericht des wissenschaftlichen Dienstes des EU-Parlaments (EPRS) vom Februar 2020 zeigt auf, dass die Strahlung durch Mobilfunkanlagen bereits weit unter den geltenden Grenzwerten schädliche Auswirkungen auf den menschlichen und tierischen Körper hat. **Wird eine Sendeanlage mit adaptiven Antennen betrieben, sind die Auswirkungen noch gravierender.
  • ***Im erwähnten Bericht des EPRS ist nachzulesen: «Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass 5G die Gesundheit von Menschen, Pflanzen, Tieren, Insekten und Mikroben beeinträchtigen würde – und dass bei 5G ein vorsichtiger Ansatz angebracht wäre, da es sich um eine nicht getestete Technologie handelt. In der Allge­meinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, der Schluss­akte von Helsinki und anderen internationalen Verträgen wird anerkannt, dass im Vorfeld von Maßnahmen, die  die  menschliche Gesundheit beeinträchtigen könnten, die Zustimmung nach Inkenntnissetzung ein wesentliches, grundle­gendes Menschenrecht ist, das noch brisanter wird, wenn es um die Exposi­tion von Kindern und Jugendlichen geht. »
    Durch den Betrieb adaptiver 5G-Antennen im Frequenzbereich bis 3‘800 MHz ist die Beeinträchtigung der menschliche Gesundheit sehr wahrscheinlich. Entsprechend ist eine Zustimmung der be­troffenen Personen, zumindest im Einspracheradius, für den Bau der strittigen Mobilfunkanlage gemäss den Menschenrechten zwingende Voraussetzung.
  • Die Erfahrung zeigt, dass die dem Baugesuch zugrunde liegenden Berechnungen oft fehlerhaft sind. Auch deshalb ist davon auszugehen, dass geltende Grenzwerte überschritten werden. Im Standortdatenblatt sind nicht die original Antennendiagramme der Hersteller abgedruckt. Es ist durchaus denkbar, dass die Diagramme und die auf diese bezogenen Berechnungen geschönt wurden.
  • Zudem ist die Einhaltung der Grenzwerte nicht sichergestellt. Das Bundesgericht stellt fest (BGE 128 II 378 E. 4.2.S.380): «Der Sachverständige bestätigt, dass der Netzbetreiber die Möglichkeit hat, die Sendeleistung der Mobilfunkstation mittels Fernsteuerung zu regulieren». So besteht keine Gewähr dafür, dass die Grenzwerte im Betrieb tatsächlich eingehalten werden.

Dies soll mittels dem sogenanntes Qualitätssicherungssystem verhindert werden. Wie auch im Urteil VB 2006.00448 vom Zürcher Verwaltungsgericht festgehalten, ist jedoch das Funktionieren dieses Systems höchst unglaubwürdig.

  • **Unter anderem müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
    • Die Anlage muss jederzeit die Grenzwerte einhalten. Es ist die Aufgabe der Behörde, die Einhaltung der Grenzwerte mittels QS-System und Abnahmemessungen sicherzustellen (NISV, Art 12)
    • Das Vorhandensein eines QS-Systems wurde auch durch das Bundesgericht vorgeschrieben; für eine Abnahmemessung orientiert sich die Behörde an der Messempfehlung des BAFU oder METAS.

Bei vorliegendem Baugesuch sind die erwähnten Baubewilligungsvoraus­setzun­gen jedoch nicht erfüllt: Allein die Angaben im Standortdatenblatt genügen in keiner Weise, um sich über die effektiven, an den OKA und OMEN auftretenden Belastungen ein Bild machen zu können. Aus den Baugesuchs­unterlagen ist der massgebende Betriebszustand gemäss NISV Anhang 1 Ziff. 63 nicht ersichtlich und folglich wird eine korrekte Beurteilung adaptiver Antennen nicht umgesetzt. Und eine Andersbeurteilung adaptiver Antennen ist verfassungs- und gesetzeswidrig.
Ein QS-System, das die längerfristige Einhaltung der Grenzwerte sicherstellt, existiert für adaptive Antennen nicht und das herkömmliche QS-System ist untauglich.

  • ***Die 2018 veröffentlichte Studie «Systematic Derivation of Safety Limits for Time-Varying 5G Radiofrequency Exposure Based on Analytical Models and Thermal Dose» des ETH Prof. Niels Kuster zeigt, dass eine Exposition, gemäss den Richtlinien der ICNIRP, bereits nach kurzen Expositionen zu dauerhaften Gewebeschäden führt. Entsprechend sind die aktuellen Grenzwerte für die hohen Frequenzen der 5G Antennen nicht mehr anwendba­r. Zitat Bericht Prof. Kuster: «The results also show [...] the im­portance of revisiting existing exposure guidelines. »
  • **In den Datenblättern der Antennenhersteller werden adaptive Antennen mit Maximalleistungen bis über 30‘000 Watt ERP angegeben, wobei diese, gemäss Herstellerangaben, unter 20% der Maximalleistung (ERP 5‘000 W) kaum mehr regelbar sind.

Entsprechend sind die Angaben im Standortdatenblatt mit (50-800) W ERP irreführend. Sollten sie tatsächlich so schwach wie deklariert senden, ist ihre Funktion derart eingeschränkt, dass sie fast nur noch Wärme, etwa mit der Leistung von Heizpilzen welche in der Schweiz verboten sind, produzieren.
Und ob die Anlage im Betrieb stärker als bewilligt sendet, kann nicht kontrolliert werden, weil, wie bereits erwähnt, diese „Beams“ nicht korrekt gemessen werden können.

  • Der Antennenstandort beschränkt den Ausbau bestehender Liegenschaften. Wenn dereinst Liegenschaften gemäss geltender Bauvorschrift ausgebaut werden, sind die Grenzwerte nicht mehr gewährleistet.
  • Liegenschaften neben derartigen Antennen erfahren eine Wertminderung bis über 40%. Im BG Entscheid 133 II 321, E. 4.3.4, wird festgehalten, dass Liegenschaften und Wohnungen schwerer verkäuflich oder vermietbar werden und ein Druck auf den Kaufpreis oder den Mietzins entsteht.
  • Am (Bau) Ausbau dieser Anlage besteht kein öffentliches Interesse. Gemäss UVEK werden ca. 70 % der Mobilfunk-Kapazität für Videostreaming genützt. Es macht keinen Sinn, dafür die Gesundheit der Bevölkerung zu riskieren!

Aus diesen Gründen erhebe ich Einsprache gegen die oben erwähnte Mobilfunkanlage und bitte Sie, das Baubegehren abzuweisen.

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Video zum Antennenaufbau, dem Protest dagegen und den Grenzwerten im SRF-Magazin Kassensturz, ab Minute 6:10. Wer kein Schweizerdeutsch versteht, kann im Video die Untertitel-Funktion einstellen!

Artikel veröffentlicht:
04.07.2021
Autor:
diagnose:funk Schweiz

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