Als eine Analystin der Taktiken der Industrie wird die Havard Professorin Naomi Oreskes im ARTE-Film immer wieder interviewt. Sie analysierte in ihrem Buch "Die Machiavellis der Wissenschaft. Das Netzwerk des Leugnens", am Beispiel der Leugner des Klimawandels, mit welcher Planmäßigkeit die Industrie mit Hilfe gekaufter Werbeagenturen, Stiftungen, Experten und Politiker Erkenntnisse verfälscht und vor allem anzweifelt, um Profitinteressen durchzusetzen. Wissenschaftliche Ergebnisse anzuzweifeln sei heute die Hauptmethode der Industrie: "Die Händler des Zweifels bekämpfen Tatsachen, die beweisen, dass diese Erzeugnisse oder Stoffe schädlich sind," so Oreskes.[1] In einem Interview in der Süddeutschen Zeitung wird sie gefragt: "Was sind die nächsten Ziele für Zweifler?" Ihre Antwort: "Die Mobilfunkindustrie gibt sich große Mühe, gegen wissenschaftliche Arbeiten vorzugehen und Zweifel zu wecken."[2]
Die Methoden, wie im deutschen Strahlenschutz die Forschungslage verfälscht und Nichtwissen als Wissen verkauft wird, Nebenkriegsschauplätze zur Ablenkung aufgemacht werden, hat Peter Hensinger bereits 2008 in einem Vortrag analysiert (s.u). In unseren Brennpunkten "Der Kausalitätsbetrug" und "Heftige Debatte um die Insektenstudie" setzen wir uns damit auseinander, wie das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz Risiken verharmlost (s.u.). Ein weiteres Beispiel dafür ist die 5G-Dialogoffensive der Bundesregierung. Aktuell bietet die Affäre Lerchl, die den Versuch darstellte, die gesamte kritische EMF-Forschung zu diskreditieren, ein Paradebeispiel für industrielle Verschleierungstaktiken. Der Goethe-Forscher und Gründer der Kompetenzinitiative, Prof. Karl Richter, charakterisierte in Bezug auf den Mobilfunk das Handeln mancher Politiker wie auch korrumpierter Wissenschaftler treffend: „Der Galilei Brechts hat noch immer Recht: „Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“ Leider wird in der ARTE-Dokumentation auf den Mobilfunk nicht eingegangen. Der ARTE-Film bestätigt die Dokumentationen der Europäischen Umweltagentur "Späte Lehren aus frühen Warnungen", in denen auch die Taktik der Mobilfunkindustrie in der Verschleierung des Krebspotentials analysiert wird.
Auf der Homepage von ARTE heißt es:
"Ob Asbest, CO2-Emissionen, 5G oder Corona: Im immer hitzigeren Ringen um die Wahrheit kommt der Wissenschaft die fragwürdige Rolle des Meinungsmachers zu, und dazu wird sie nach Belieben beeinflusst, manipuliert und untergraben. Die Reportage zeigt anhand mehrerer großer Umwelt- und Gesundheitsskandale die Strategien zur Instrumentalisierung der Wissenschaft.
Warum dauerte es Jahrzehnte, bis Tabak offiziell als gesundheitsschädlich eingestuft wurde? Warum glauben viele Leute noch immer, der Klimawandel sei nicht menschengemacht? Warum wollen wir nicht wahrhaben, dass Pestizide für das Bienensterben verantwortlich sind, obwohl dies durch zahlreiche Studien hinreichend belegt wurde? Nie war die wissenschaftliche Erkenntnis so groß, nie haben sich mehr Kontroversen an ihr entzündet. Warum werden wissenschaftliche Fakten immer wieder angezweifelt?
Dass die Industrie der Öffentlichkeit Erkenntnisse vorenthält, die ihren Profit schmälern könnten, wundert niemanden mehr; ebenso wenig, dass sie die öffentliche Debatte bewusst fehlsteuert, um politische Entscheidungen zu verzögern. Aber welche ausgefeilten Strategien sie einsetzt, um die Wissenschaft für ihre Zwecke zu missbrauchen, war bislang nicht bekannt. In immer mehr Organisationen werden gezielt wissenschaftliche Fakten angezweifelt, um den Fortschritt in sensiblen Bereichen zu behindern.
Interdisziplinäre Forscher haben sich mit der bewussten Produktion von Nichtwissen befasst und legen die dahinterliegenden Mechanismen offen. Am Beispiel spektakulärer Gesellschaftsskandale entlarven Agnotologen die Methoden der Wissensbehinderung: Es werden "Nebelkerzen" geworfen, Datenreihen frisiert und Versuchsprotokolle gefälscht. Dabei zeigt sich jedoch auch, wie unbewusste Denk- und Verhaltensmuster die Menschen veranlassen, die Unwissenheit zuweilen dem Erkenntnisgewinn vorzuziehen. Die Dokumentation klärt wissenschaftlich und unparteiisch über ein Räderwerk auf, an dem alle mitdrehen."
Anmerkungen
[1] Oreskes / Conway (2014): Die Machiavellis der Wissenschaft, S.280. Zur Taktik der Industrie siehe auch: Franz Adlkofer (2014): Zum Umgang der Politik mit dem Strahlenschutz der Bevölkerung - Ein geschichtlicher Rückblick, Download: http://54088638.swh.strato-hosting.eu/AUM/wp-content/uploads/2014/08/KI_HEFT-9_web1.pdf
[2] Balser / Schrader: "Wissenschaft als Nebelwand missbraucht", Interview mit Noami Oreskes in der Süddeutschen Zeitung vom 3.11.2014
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