Es trifft die „größten Datensünder des Jahres“: Eine Jury prominenter Bürgerrechtler verleiht jährlich den „BigBrother-Award“. 2020 mit dabei: die Kultusministerin von Baden-Württemberg, Dr. Susanne Eisenmann. Sie erhält diesen Negativ-Preis für ihren Einsatz, Microsoft in deutsche Schulen zu holen - trotz der Kritik vieler Experten. Und der Leibniz-Wissenschaftscampus Tübingen erhält den Preis für ein EEG-Stirnband und eine Eye-Tracking-Methode zur Echtzeitüberwachung der Gehirn-, Gedanken-, und Emotionsströme der Schüler. Das Bündnis für humane Bildung bittet deshalb Eltern und Lehrer, gegen diese Verstöße gegen den Datenschutz und eine humane Bildung Einspruch einzulegen. Dafür hat das Bündnis Musterbriefe verfasst.
LAUDATIO : Kategorie „Digitalisierung“: Bildungsministerin des Landes Baden-Württemberg, Susanne Eisenmann
Gastlaudatorin: Leena Simon Verantwortlich für den Text: Claudia Fischer, Jessica Wawrzyniak, Leena Simon
Der BigBrotherAward 2020 in der Kategorie „Digitalisierung“ geht an
Susanne Eisenmann, Ministerin für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg (und Spitzenkandidatin der CDU zur Landtagswahl 2021),
weil sie wesentliche Dienste der Digitalen Bildungsplattform des Landes von Microsoft betreiben lassen will. Damit liefert sie die Daten und E-Mails von allen Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern Baden-Württembergs an das US-Unternehmen und die US-Geheimdienste aus.
Natürlich gibt es Warnungen und Bedenken gegen so eine Entscheidung – aber Frau Dr. Eisenmann ist nicht zu bremsen: In wenigen Wochen soll es losgehen, hat das Ministerium im Bildungsausschuss des Landtages Anfang Juli verkündet.1
Wie konnte es so weit kommen?
Unsere Preisträgerin, Kultusministerin Susanne Eisenmann, steht unter erheblichem Druck. Im Februar 2018 hat sie die damals geplante, selbst betriebene Bildungsplattform „Ella“ wegen erheblicher technischer Mängel gestoppt, drei Tage vor dem Testbetrieb in 100 Schulen. Dann folgte ein Pannenbericht auf den nächsten: Gutachten offenbarten, dass der beauftragte landeseigene IT-Dienstleister eigenmächtig Subunternehmer beauftragt hatte. Absprachen waren unklar. Der Landesrechnungshof monierte „erhebliche Mängel im Projektmanagement“. Die Ministerin warf den kommunalen Haupt-Dienstleister aus dem Projekt. Und alles sollte noch mal neu aufgesetzt werden. Die Zeitungen titelten immer wieder „ein Scherbenhaufen“ oder „Bildungsplattform steht vor dem Aus“. Zweieinhalb Jahre lang. Nun will Frau Eisenmann im kommenden Jahr als Ministerpräsidentin für Baden-Württemberg kandidieren, und die Corona-Krise hat das Gaspedal, was Digitalisierung von Schulen angeht, nochmal so richtig durchgetreten. Deshalb muss die Digitale Bildungsplattform endlich funktionieren, bevor der Wahlkampf in die heiße Phase geht! Bedenken Second!...