Stuttgart, 20.5.2019: Die Umwelt- und Verbraucherorganisation diagnose:funk kritisiert den geheimen Vertrag „Gigabit Region Stuttgart“ scharf, der am 24.5. in Anwesenheit von Ministerpräsident Winfried Kretschmann in Fellbach unterzeichnet werden soll. Denn auch im Jahr 2030 wird jeder zehnte Haushalt in der Region kein schnelles Internet haben. Und das trotz millionenschwerer Zuzahlungen aus öffentlichen Kassen, trotz großzügiger Spenden in Form von kommunalen Grundstücken, trotz aktiver kommunaler Unterstützung der Telekom bei der Errichtung von Mobilfunkmasten und bei Verhandlungen zur Nutzung von Privatgrundstücken. Damit verhindert der Telekom-Vertrag die zukunftsfähige Infrastruktur, die er laut Ministerpräsident Kretschmann und dem Stuttgarter OB Kuhn bringen soll – die Region hat das Nachsehen.
Bei einer Pressekonferenz in Stuttgart stellten heute diagnose:funk und der Vorsitzende der Stuttgarter Gemeinderatsfraktion SÖS-LINKE-PluS, Hannes Rockenbauch, gemeinsam ihre Kritik am Telekom-Vertrag sowie ihre Forderungen vor.
Hannes Rockenbauch: „Schnelles Internet ist Infrastruktur im Sinne der Daseinsvorsorge – gerade in der Wirtschaftsregion Stuttgart. Das muss dann aber auch für alle Bürger gelten, egal ob sie in der Stadtmitte oder in einem entfernten Ortsteil wohnen. Doch der geheime Telekom-Deal bringt genau das Gegenteil: Selbst im Jahr 2030 wird jeder zehnte Haushalt in der Region Stuttgart noch kein schnelles Internet haben. Und das, obwohl sich die Kommunen verpflichten sollen, der Telekom ihr Geschäft mit millionenschweren Zuzahlungen zu versüßen. Auf diesen Vertrag dürfen die Kommunen in der Region sich nicht einlassen! Zumal Städte wie Ludwigsburg und Bietigheim-Bissingen beweisen, dass auch Stadtwerke ein Gigabit-Netz aufbauen können – für alle Bürger. Die Breitband-Versorgung muss in der gesamten Region Stuttgart in kommunale Hand.“
Jörn Gutbier, Vorsitzender von diagnose:funk: „Alles, was wir bislang über den geheimen Telekom-Vertrag wissen, lässt nichts Gutes ahnen: Die Telekom darf entscheiden, wo und wie sie schnelles Internet ausbaut und wieviel die Kommunen für welche angeblich unrentablen Ausbaugebiete zuzahlen müssen. Doch am Ende gehört das Gigabit-Netz nicht den Kommunen! So dürfen die Kommunen sich von der Telekom nicht über den Tisch ziehen lassen. Und dann will die Telekom auch noch ganz nebenbei einen Freifahrschein für 5G-Mobilfunk. Doch bis heute gibt es keine Forschung zu speziell 5G, wie es jetzt auf den Markt kommen soll. Und die neuesten wissenschaftlichen Studien zur bereits benutzten Technik zeigen: Von Mobilfunkstrahlung geht ein Krebsrisiko für die gesamte Bevölkerung aus. Im Sinne des Vorsorgeprinzips brauchen wir weniger Mobilfunk-Strahlenbelastung. Dies wäre technisch sofort umsetzbar, wenn es denn einen politischen Willen dazu gäbe.“
Siehe auch Antrag von SÖS-LINKE-PluS im Stuttgarter Gemeinderat:
https://soeslinkeplus.de/2019/05/offene-fragen-zum-breitbandausbau-und-dem-telekom-deal/