Telekom-Deal: Erklärung der Bürgerinitiative zur Gemeinderatssitzung am 9.5.2019
Die Bürgerinitiative Mobilfunk forderte, dass der Glasfaserausbau in städtischer Hand betrieben und 5G abgelehnt wird. Im Vorfeld gab es 2 Großveranstaltungen mit jeweils 350 Besuchern, Stände in der Stadt, eine Unterschriftensammlung, gemeinsame Erklärungen von Umweltverbänden (BUND, KUS, Naturfreunde, Attac, Stadtwerke e.V.) und eine gute Presse.
Höhepunkt war die Kundgebung vor der Gemeinderatssitzung mit ca. 80 TeilnehmerInnen, vielen Transparenten. Dort redeten Clarissa Seitz (GRÜNE) und Hannes Rockenbauch (SÖS, Stuttgart Ökologisch Sozial). Auch der Europaabgeordnete Klaus Buchner (ÖDP) ermutigte in einer kurzen Rede zum Widerstand gegen 5G.
Heftige Debatte im Rat
Zur Gemeinderatssitzung lag der Antrag der Fraktion der GRÜNEN auf Ablehnung von 5G vor. Es gab eine heftige Debatte. Die SÖSLinkePluS-StadträtInnen schlossen sich in der Debatte allen Forderungen der Bürgerinitiative mit Anträgen zur Ablehnung des Vertrages, Breitband als Eigenwirtschaftsbertrieb und Bürgerbeteilung an, und stimmten dem Antrag der GRÜNEN zu. Auch die SPD sprach sich für Breitband in städtischer Hand aus und signalisierte Zustimmung zum 5G-Antrag der GRÜNEN. Damit war klar, dass eine Gemeinderats-Mehrheit aus GRÜNEN, SPD und SÖSLinkePLuS für die Ablehnung von 5G zustande gekommen war. Die Wirtschaftsförderin Ines Aufrecht erklärte in der Debatte, dass die Telekom bereit wäre, im Vertrag auf 5G in Bezug auf Stuttgart zu verzichten, auch wenn dies der Region schwer vermittelbar sei. Damit wäre Stuttgart die erste deutsche Stadt, die sich gegen 5G ausspricht. Das hätte eine Signalwirkung gehabt. Ein tolles Ergebnis der Vorarbeit unserer Bürgerinitiative, der Aktiven des AK Digitalisierung des BUND, der Unterstützung von hunderten BürgerInnen und Einzelstadträten von SÖSLinkePluS und GRÜNEN.
26:26 Stimmen - ein Schock
Die Abstimmung war ein Schock: 26:26, keine Mehrheit gegen 5G. Damit war der Weg frei für den Telekom-Deal. Zwei StadträtInnen der Linken hatten vor dem Tagesordnungspunkt wegen einer Wahlveranstaltung den Saal verlassen, weil sie nichts vom Meinungsumschwung der SPD und einer möglichen Mehrheit wussten! Der GRÜNE Oberbürgermeister Fritz Kuhn hätte mit seiner Stimme noch die Mehrheit herstellen können, aber er enthielt sich.
Ausverkauf wurde beschlossen
Mit den Stimmen von CDU, GRÜNE, SPD, FWV, FDP, Einzelstadtrat Schertlen (SchUB) und rechten Einzelstadträten (AfD) wurde dann der Telekom-Deal verabschiedet. Mit diesem Beschluss setzt die Stadt Stuttgart ihre Politik des Ausverkaufs der Daseinsvorsorge, wie es bei Wohnungen, Wasser und Energie geschehen ist fort und macht sich immer abhängiger von Kapitalgesellschaften und Investoren. Der gestrige Beschluss zum Telekom-Deal, der von allen Fraktionen außer der SÖSLINKEPluS getragen wird, ist ein politischer Skandal, der an die Crossboarder-Leasing Deals erinnert.
Was wirtschaftlich ist, entscheidet die Telekom - den Rest zahlt die Stadt
Die Entscheidung über einen entscheidenden Teil zukünftiger Daseinsvorsorge, mit enormen Folgen für Mensch und Natur, wurde damit in kürzester Zeit und an den BürgerInnen vorbei durchgezogen. Nachdem die GRÜNEN ihren Antrag gegen 5G nicht durchgebracht haben, stimmten sie dem Gesamtvertrag mit 5G und der Unterwerfung unter die Bedingungen der Telekom zu. Das ist für uns nicht nachvollziehbar. Unser jahrelanges Bemühen um ein kommunales Breitbandnetz, bisher von den GRÜNEN und SÖSLINKEPluS unterstützt, wurde ignoriert. Als marktbeherrschender Akteur wird die Telekom in Zukunft alle wirtschaftlichen Gebiete selber ausbauen. Für den Rest muss die öffentliche Hand teuer bezahlen, ohne aber hinterher ein wirksames Eigentum am Netz erlangen zu können. Die Beschwichtigungen, die Telekom würde alle Wettbewerber gleichberechtigt behandeln, sind naiv und widersprechen den Erfahrungen.