Die Funkfrequenzversteigerung für 5G wird flankiert durch eine einschläfernde Begleitmusik in der Presse. Die Gesundheitsrisiken wurden thematisiert, nach dem Motto: Wir nehmen ihre Sorgen ernst, und haben schon die Sprachregelungen, wie wir sie zerstreuen. Das Erstaunliche: Von Hamburg bis München, von Frankfurt bis Berlin geschieht dies mit denselben Textbausteinen, vorformuliert vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) für die Bundesregierung. Mit wenigen Ausnahmen hinterfrägt kein Journalist diese Textbausteine, sondern übernimmt sie.
1. Die Erklärung des Bundesamtes für Strahlenschutz, man werde die Einführung von 5G mit Untersuchungen begleiten, wird hingenommen. Dass es zu 5G noch keine Technikfolgenabschätzung gibt, wird nicht als Skandal und Verstoß gegen das Vorsorgeprinzip behandelt. Der Journalist Martin Schramm bemerkt treffend im bayerischen Rundfunk: "Also setzt man in gewisser Weise das Vorsorgeprinzip außer Kraft und sagt, ´wir klären das im laufenden Betrieb`. Für mich fühlt sich das schon so an wie ein großes Experiment mit ungewissem Ausgang."
2. Ein Rohrkrepierer ist die Erklärung des Bundesamtes für Strahlenschutz, die 5G-Frequenzen die jetzt (19. März 2019) zur Versteigerung anstehen (3,4 - 3,7 GHz), könnten so behandelt werden wie alle anderen Frequenzen, deren Unschädlichkeit nachgewiesen sei. Zu GSM, UMTS, LTE und WLAN liegen umfangreiche Studienergebnisse vor, die Gesundheitsschäden nachweisen (siehe die Datenbank www.EMFData.org: http://tinyurl.com/y6x4jw4g ). Aber sie wurden in den letzten 20 Jahren ignoriert.
3. In vielen Zeitungsberichten wird erwähnt, dass die US-amerikanische NTP-Studie und die italienische Belpoggi Studie (Ramazzini-Institut) eine Krebsgefahr nachgewiesen hätten. Zugestanden wird, dass beide Studien höchste wissenschaftliche Ansprüche erfüllen. Doch dann wird erklärt: ihre Ergebnisse wären nicht auf den Menschen übertragbar, weil sie viel höhere Feldstärken nutzten als im Normalbetrieb auf den Menschen einwirken. Dieses Argument übernimmt fast die ganze Presse. Hier der Textbaustein der Bundesregierung:
- "Zu der Untersuchung des National Toxicology Program hat das BfS kürzlich eine ausführliche Bewertung erarbeitet und veröffentlicht. Im Ergebnis kommt das BfS zu dem Schluss, dass eine Reihe von Schwächen und Unklarheiten die Aussagekraft der Studie deutlich einschränken und dass die Folgerung der Studie, bei männlichen Ratten lägen klare Belege für einen Zusammenhang zwischen intensiver Mobilfunkstrahlung und Tumoren am Herzen vor, sich daher nicht rechtfertigen lasse. Überdies lag die Intensität der untersuchten EMF deutlich oberhalb der Grenzwerte. Das BfS geht deshalb weiterhin davon aus, dass bei Einhaltung der Grenzwerte keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen durch EMF mit den vom Mobilfunk verwendeten Frequenzen zu erwarten sind. Von der von Ihnen genannten Untersuchung der Universität Bologna haben Belpoggi und Mitarbeiter bislang Zwischenergebnisse veröffentlicht, die eine Korrelation bei anderen (geringen) Feldstärken nahelegen und insofern mit den Ergebnissen der NTP Studie nicht konsistent sind. Der Abschluss dieser Studie bleibt für eine genauere Bewertung abzuwarten" (Staatssekretärin Schwarzelühr-Sutter, Bundestagsdrucksache 19/8434, S. 130, 4.3.2019).
Ramazzini bestätigt NTP - Mobilfunkstrahlung kann Krebs auslösen
Um die Ergebnisse Belpoggi-Studie (= Ramazzini-Studie) drückt man sich, sie liegen schon längst vor. Die Studie simulierte die Leistung von Mobilfunk-Basisstationen. Die Strahlung mit Leistungsflussdichten im Normalbetrieb löste hier den Krebs aus.
Nebulös werden der NTP-Studie Schwächen angedichtet. Man sät Zweifel und Verwirrung. Ignoriert wird, dass diese angeblichen Schwächen - schon 2016 von der Industrie ins Feld geführt - umgehend von den Wissenschaftlern widerlegt wurden. Es wurden unter Laborbedingungen die Feldstärken angewandt, die bei den Organen der Ratten durch die Ganzkörperbestrahlung die Strahlenbelastungen erzeugten, die bei der Teilkörperbestrahlung beim Menschen wirken. Man kann einer Ratte ja kein Smartphone ans Ohr binden.
Jedem Journalisten stehen die Aussagen der NTP-Wissenschaftler zu Verfügung.
- Warum erfolgt keine eigenständige Recherche, wie sie z.B. der Tagesspiegel durchführte?
- Warum werden die Ergebnisse des Peer-Review Panels, dass klare Beweise ("Clear Evidence") zur Krebsgefahr vorliegen, ignoriert?
Übrigens: das Bundesamt für Strahlenschutz selbst hat in zwei Wiederholungsstudien festgestellt, dass ein krebspromovierendes Potential der Mobilfunkstrahlung als gesichert (!) anzusehen ist. Bei Leistungsflussdichten weit unterhalb der Grenzwerte könne Mikrowellenstrahlung des Mobilfunks dazu führen, dass ein bereits vorhandener Krebs schneller wächst. Wo bleibt die Berichterstattung darüb?
4. Die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz, Dr. Inge Paulini, sagte am 25.2.2019 in der 3sat-Sendung nano:
- „Die Personengruppen, die wir besonders im Fokus haben, die besonders schützenswert sind – sind Kinder, Säuglinge, Kranke, alte Menschen. Der Ausbau der 5G-Netze sollte auf jeden Fall so erfolgen, dass sensible Orte, Orte, wo diese Menschen sich aufhalten - Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser – dass die erst mal ausgenommen werden.“ (siehe 3sat-Video ab Minute 2:20)
Wenn die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz also fordert, dass besonders schützenswerte Personengruppen nicht der 5G-Strahlung ausgesetzt werden dürfen, dann muss sie für diesen Schutz auch eine konsequente Umsetzung einfordern: Kinder, Säuglinge, Kranke und Alte leben überall in unseren Städten und Dörfern, nicht nur in Kindergärten, Schulen und Krankenhäusern. Also müssen unsere gesamten Städte und Dörfer vor dem massiven 5G-Aufbau geschützt werden. Diese Aussage von Frau Paulini wird von der Presse bezeichnenderweise nicht weiter transportiert.
5. Das Totschlagargument "Alles unbedenklich - die Grenzwerte werden eingehalten!" analysieren wir in einem eigenen Artikel.
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