Funkwasserzähler: Gesetzgeber greift in private Haushalte ein

Datenschutz und Grundrechte werden eingeschränkt
Ursprünglich hat man Wasserzähler einmal im Jahr abgelesen - nun sollen per Gesetz alle paar Sekunden „smarte“ Wasserzählermodelle in Haushalten via Funkstrahlung Daten „auf die Straße“ senden. Der vorliegende Gesetzentwurf des Bayerischen Datenschutzgesetzes sieht eine Änderung in der Bayerischen Gemeindeordnung vor, wonach Kommunen ihren BürgerInnen den Einbau und Betrieb von Funkwasserzählern zwingend vorschreiben könnten. „Erstmals würden VerbraucherInnen ihrer bisher freien Entscheidung enthoben, ob und wie sie ihr privates Zuhause technisieren“, so Jörn Gutbier, Vorstand von diagnose:funk.
  • diagnose:funk kritisiert Vorläufige Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen zum Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Datenschutzgesetz. 
  • Verbraucherschützer fordern ein jederzeit mögliches und voraussetzungsloses Widerspruchsrecht für alle BürgerInnen.
  • Umfassende Informationspflicht durch die Kommune vor Einbau.

Damit würde unverhältnismäßig in Grundrechte, wie z.B. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, eingegriffen. Und zudem auch mit grundlegenden Datenschutzgrundsätzen gebrochen, da Funkwasserzähler erhebliche Datensicherheitsrisiken bergen und zudem eine fast sekündliche Einsicht in den Tagesablauf von Personen ermöglichen. In dem Gesetzentwurf ist enthalten ein Widerspruchsrecht nach § 21 Datenschutzgrund-verordnung, also nach EU-Recht. Schon im Vorfeld wurde deutlich, dass diese Gesetzesvorlage "weder rechtssicher handhabbar noch tatbestandsmäßig mit einem allgemeinen Widerspruchsrecht vergleichbar" ist. 

Die massiven Vorbehalte des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz, Thomas Petri, und der große Druck der Öffentlichkeit - „Wir haben schon lange nicht mehr so viele Zuschriften wie zu diesem Thema bekommen …“ (MdL Eva Gottstein (Freie Wähler) bei der Ersten Lesung im Bayerischen Landtag am 25.01.2018) - führten offensichtlich zu einem Umschwenken der im Bayerischen Landtag vertretenen Parteien.

Gemäß Beschlusslage des federführenden Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen vom 21.02.2018 ist nun ein voraussetzungsloses Widerspruchsrecht in der Bayerischen Gemeindeordnung vorgesehen – siehe Anhang. 

diagnose:funk begrüßt das nun eingeräumte Widerspruchsrecht. Kritisiert aber, dass dieses nur für die Besitzer bzw. Eigentümer gilt, bei denen noch kein Funkwasserzähler eingebaut ist. Alle anderen BürgerInnen haben das Nachsehen, da mit diesem Widerspruchsrecht eine Ausschlussfrist von zwei Wochen verbunden ist mit der Folge, dass bei Besitzer- oder Eigentümerwechsel z.B. der neue Mieter bzw. Eigentümer einem bereits eingebauten Funkwasserzähler nicht mehr widersprechen kann. Das heißt, jeder, der zukünftig eine Immobilie mit einem bereits eingebauten Funkwasserzähler kauft, bekommt die dauerfunkenden Wasserzähler nicht wieder los.

Damit werden neue Besitzer bzw. Eigentümer gesetzlich schlechter gestellt als derzeitige Mieter oder Eigentümer, denen nun gemäß der Vorläufigen Beschlussempfehlung ein voraussetzungsloses Widerspruchsrecht eingeräumt wird.

Diese Beschlusslage macht deutlich, dass der Gesetzgeber quasi durch die „Hintertür“ langfristig den Einbau der Funkwasserzähler in alle Haushalte durchsetzen will.

diagnose:funk fordert daher ein jederzeit mögliches voraussetzungsloses Widerspruchsrecht für alle BürgerInnen.

Dazu Jörn Gutbier: „Der Digitalisierungs-Hype der gesamten herrschenden Politik darf nicht so weit gehen, dass die BürgerInnen, gerade eines Rechtsstaats, in ihren eigenen vier Wänden eine Zwangsdigitalisierung durch den Gesetzgeber befürchten müssen. Erst recht nicht, wenn hier massiv gegen Grundrechte verstoßen wird und erhebliche Datenschutz- und Datensicherheitsproblematiken vorliegen.“

Genau diese Zwangsdigitalisierung wird auch vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, abgelehnt:

„Unser Grundgesetz garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Der private Rückzugsraum in den eigenen vier Wänden ist ein hohes Gut. Jeder Mensch braucht diesen einen Ort, an dem er unbeobachtet bleibt und sich ohne Kontrolle entfalten kann. (...) Verbraucherinnen und Verbraucher (müssen) die Möglichkeit behalten, auf die Vernetzung ihrer Wohnung zu verzichten. (...) Niemand darf benachteiligt werden, nur weil er sich entscheidet, ohne Smart Home auszukommen; es darf da keinen mittelbaren Zwang geben. Über den Grad der Digitalisierung seines Lebens in den eigenen vier Wänden – mit allen Vor-, aber auch mit allen Nachteilen – muss jeder selbst bestimmen können. (…)  Digitale Souveränität – dazu gehört für mich, dass wir jederzeit die alleinige Kontroll- und Steuerungsmöglichkeit über die Geräte haben: über ihre einzelnen Nutzungen und auch darüber, welche Daten von wem wie verarbeitet werden.“

Auszug aus: "Das Recht auf eine analoge Welt" „Smart Home – Wie digital wollen wir wohnen?“ Rede des Bundesministers der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas auf der gemeinsamen Konferenz von BMJV und Bitkom zum Safer Internet Day 2017 am 14. Februar 2017 in Berlin (siehe >>>). 

Publikation zum Thema

Format: A4Seitenanzahl: 2 Veröffentlicht am: 23.02.2018 Sprache: DeutschHerausgeber: diagnose:funk

Funkwasserzähler: Gesetzgeber greift in private Haushalte ein

Datenschutz und Grundrechte der Mieter und Eigentümer werden eingeschränkt
Autor:
diagnose:funk
Inhalt:
diagnose:funk kritisiert Vorläufige Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen zum Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Datenschutzgesetz.
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