Die Fraunhofer-Gesellschaft erprobt am Hegel-Gymnasium strahlungsfreies Kommunizieren*
„Wir haben uns gefragt, ob Licht als Medium für den Datenaustausch in Netzen funktioniert, und, ja, es funktioniert sogar mit herkömmlichen, kommerziell erhältlichen LED-Komponenten“, erläuterte Anagnostis Paraskevopoulos. Er leitet das Projekt, mit dem das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut aus Berlin das Labor verlassen hat, um es in der Praxis zu testen. Das Hegel-Gymnasium hatte sich dafür interessiert, die Stadt und der Gemeinderat befürworteten einmalige Sondermittel in Höhe von knapp 500.000 Euro.
Frank Bäuerle, der die Schulleiterstelle seit diesem Schuljahr inne hat, empfindet es „als großes Privileg, ein so spannendes Projekt hier zu haben, Neues erproben zu können und zu helfen, diese Technologie weiterzuentwickeln“. Denn das Hegel-Gymnasium ist die erste Schule bundesweit, an der die Technik erprobt wird, einen weiteren Feldversuch gibt es nur auf der Insel Mainau. Bäuerle, ein Niedersachse mit Deich-Erfahrung, vergleicht das Projekt daher mit einem „Leuchtturm“.
„Die VLC-Class@Hegel, so nennen wir sie, ist mitten in unserer Forschung verankert und einer der wenigen Feldtests weltweit“, sagt Paraskevopoulos. Die Technik sei noch in der Entwicklung begriffen, nun werde man sie im realen Umfeld testen und reifen lassen. „Wir wollen auch wissen, ob das System akzeptiert wird, wir holen die Erfahrungen von Lehrern und Schülern ein, und wir arbeiten daran, dass auch das mobile Arbeiten möglich wird“, so der Projektleiter aus Berlin.
Mit den Laptops durchs Schulhaus wandern können die Schüler bis jetzt nicht. Das Licht, das die LED-Lampen aussenden, muss von einem Modul empfangen werden, die Laptops sind per LAN-Kabel mit dem Modul verbunden. Entfernt Anagnostis Paraskevopoulos das Modul zu weit von der starr nach unten leuchtenden Lichtquelle, verringert sich die Übertragungsrate. „Mit diesen kleinen Spots, erreichen wir circa 100 Megabit, mit großen Spots sind bis zu 800 Megabit möglich“, sagt er, und umreißt, wo die Hochgeschwindigkeits-Datenverbindung sonst noch Anwendung finden könnte: Bereiche, wo Funksysteme unerwünscht sind wie in Flugzeugkabinen oder in Großraumbüros mit ständiger Beleuchtung. „Manche Techniken gehen vom Labor direkt ins Museum. Diese nicht.“
Die VLC-Technik soll vor Hackern schützen, weil nichts nach außen dringe: „Licht geht nicht durch Wände“, sagt der Wissenschaftler. Außerdem entstehe keine Funkstrahlung. „Das ist ein besonderer Vorteil“, sagte Bürgermeisterin Fezer (FDP) in Anbetracht des Gesundheitsschutzes. Sie freue sich, dass die Schüler „mit der Zukunft in Kontakt“ kämen.
Hans-Jürgen Rotter vom Stadtmedienzentrum, der das Projekt begleitet, mahnte die Digitalisierung der Schulen an: „Es gibt immer noch Gymnasien, wo wir nur offline unterrichten können, obwohl Medienbildung verbindlich im Bildungsplan verankert ist“, sagte er. „Das Thema brennt mir extrem auf der Seele“, bekannte Fezer. Als Trostpflaster hatte sie einen Satz Laptops für die Schule dabei.
(Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Autorin)
*Anmerkung: Die Übertragung bei VLC (Visible Light Communication) erfolgt über die Strahlung (Lichtwellen) der LEDs, die jedoch nicht die zellschädigenden Eigenschaften wie die der Mikrowellen der WLAN-Technologie besitzt.