Joachim Kerst aus Erfurt hat 2015 beim Thüringer Landtag und 2016 beim Deutschen Bundestag Petitionen eingereicht. Ziel war ein gesetzlich geregelter Mindestabstand von Mobilfunkantennen zu sensiblen Einrichtungen, insbesondere wenn es um den Strahlenschutz von Kindern geht. Ein neuer Mobilfunkmast am Hugo-Preuß-Platz, in unmittelbarer Nähe zu einer KITA war der Anlass (Bild 1). KITA-Leitung und Eltern starteten bereits 2014 eine Unterschriftensammlung gegen den Bau. Zu spät - er war bereits genehmigt. Noch im gleichen Jahr wurde der 20 Meter hohe Funkmast (Bild 2) in Betrieb genommen. Nebenstehend finden Sie weiterführende Links zur Berichterstattung.
Kinder spielen unter Mobilfunksendemasten
Die Petition an den Deutschen Bundestag wurde – mit Verweis auf die Einhaltung der physikalischen Strahlenschutz-Grenzwerte (Wärmewirkung) – abgelehnt [5].
Doch die Grenzwerte haben keine medizinische Komponente und sind ein Bluff, um den Antennenwildwuchs zu rechtfertigen. Im Standardwerk "Lehrbuch der Toxikologie" (Marquardt/Schäfer, 1994) heißt es im Kapitel Strahlenschutz, "dass eine Strahlenexposition, die zu einem bestimmten Nutzen führen muss, "so niedrig wie vernünftigerweise möglich" (as low as reasonably achievable, ALARA-Prinzip) sein soll. Bei der Festlegung von sogenannten 'Grenzwerten' sei aber betont, dass ein solcher Dosiswert ein 'Richtwert' ist, da angesichts der stochastischen Natur der Auslösung von Krebserkrankungen oder von genetischen Schäden keine Grenzdosis besteht, unterhalb der keine Gefährdung besteht und über der erst die Gefährdung beginnt. Dies ist ein charakteristischer Unterschied zur toxischen Wirkung vieler Chemikalien, bei denen ein echter Grenzwert festgesetzt werden kann." (S. 645)
Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, dass Kommunen rechtzeitig in den Dialog mit den Betreibern gehen. Solange der Gesetzgeber biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder ignoriert und kein Strahlenschutzgesetz erlässt, sollten Kommunen eigene Vorsorge betreiben und bei Bedarf von ihrer Planungshoheit Gebrauch machen. Vorsorge bedeutet Mobilfunk gestalten, statt nur zu verwalten und die Bürger:innen nicht alleine zu lassen.
Der Fall Oberammergau
Vor ca. 10 Jahren häuften sich auf dem Schreibtisch des Umweltbeauftragten des Passionsspielortes Oberammergau Beschwerden und Unterschriftenlisten. Im August 2007 klagten Bürger über gesundheitliche Probleme (u.a. Kopfschmerzen, Bluthochdruck, anhaltende Schlafstörungen), die zeitgleich mit technischen Änderungen an einer benachbarten Mobilfunkantenne aufgetreten waren. 12 Bürger erstatteten Strafanzeige wegen Körperverletzung gegen Unbekannt. Der Bürgermeister übernahm Verantwortung und drohte öffentlich, den Strom der für Mobilfunk verpachteten Immobilie abzuschalten [1]. Ein Sprecher von T-Mobile sagte damals in einer TV-Sendung, Oberammergau sei ein Einzelfall [4].
Protest und Unterstützung von diagnose-funk
Das bürgerschaftliche Engagement in Erfurt und Oberammergau, Senderstudien und zahllose weitere Medienberichte belegen beispielhaft, dass es landauf, landab immer mehr Menschen gibt, die mit Symptomen auf die Strahlung von Mobilfunkbasisstationen reagieren und sich Vorsorge beim Mobilfunk-Netzaufbau wünschen. Doch nicht alle besorgten Bürger und durch Mobilfunk Betroffene gehen an die Öffentlichkeit. Umso wichtiger ist es, eine Anlaufstelle zu haben, die mit unabhängigen Infos und Tipps in der Öffentlichkeitsarbeit zur Seite steht. Ansprechpartner für Bürger, Initiativen, Behörden und Politiker zu sein und der damit verbundene Vernetzungsgedanke waren eines unserer Hauptziele bei der Gründung von diagnose-funk in Deutschland im Jahr 2009.
Publikation zum Thema
Kommunale Handlungsfelder
Warum Mobilfunk-Grenzwerte und die SAR-Werte für Handys nicht schützen
Studie der Mobilfunkbetreiber belegt massive Erhöhung der Strahlenbelastung durch LTE
Die Zukunft der Mobilen Kommunikation
Weniger Strahlung - mehr Daten
Siehe auch
Weiterführende Links
- [1] BR Abendschau, Handy-Smog
- [2] BR Bürgerforum live aus Oberammergau, 14.02.2007 (1)
- [3] BR Bürgerforum live aus Oberammergau, 14.02.2007 (2)
- [4] BR Bürgerforum live aus Oberammergau, 14.02.2007 (3)
- 'Kindergärten in Erfurt verlieren Kampf gegen Funkmast' | Ostthüringer Zeitung, 8.4.2014
- 'Neue Hoffnungen im Widerstand gegen geplanten Funkmast in Erfurt' | Thüringer Allgemeine, 20.05.2014
- 'Funkmast wird zwischen Kitas am Hugo-Preuß-Platz in Erfurt gebaut' | Thüringer Allgemeine, 5.6.2014
- 'Bäume und Tiere werden geschützt! - Was ist mit unseren Kindern?' | meinanzeiger.de - Bürger-Community für Erfurt, 4.2.15
- 'Der Mobilfunkmast am Hugo-Preuß-Platz steht: Bald Funkfeuer über MORITZ-Kindergarten!' | meinanzeiger.de - Bürger-Community für Erfurt, 3.3.15
- Öffentlicher Aufruf zur Unterstützung der Petition E-205/15 an den Thüringer Landtag | meinanzeiger.de - BürgerCommunity für Erfurt, 20.3.15
Downloads
- [5] Ablehnung der Petition | Beschlussempfehlung und BegründungPDF, 2.9 MB, Petition 2-18-18-275-018913 | Schreiben vom Deutschen Bundestag, 8. Juni 2016