Den Anträgen stimmten die GRÜNEN, die CDU und SÖS-LINKE-PLuS zu. Damit stellt sich Stuttgart als bundesweit erste Großstadt an die Spitze einer fortschrittlichen Mobilfunkversorgung, bei der auch der Aspekt der Strahlenminimierung und Gesundheitsvorsorge berücksichtigt wird. Das wird auf andere Kommunen ausstrahlen. Türöffner eines jeden Fortschritts sind Pilotprojekte.
Kleinzellennetz kann Mobilfunkmasten ersetzen
Die herkömmlichen Mobilfunkmasten setzen die Anwohner, insbesondere in oberen Stockwerken, hohen Strahlungsbelastungen aus. Wohnungen werden durchstrahlt. Mit einem Kleinzellennetz kann die Trennung von Außen- und Innenversorgung verwirklicht und die ungewollte Durchstrahlung der Wohnungen beendet werden. Wer auf die mobile Versorgung in der Wohnung nicht verzichten will, kann diese über einen eigenen internen Router installieren. In der St. Gallener Innenstadt wird dieses Modell bereits erfolgreich angewandt. Über die technischen Details, Vorteile und Nachteile dieser Lösung informiert ein diagnose:funk Brennpunkt.
Der Antrag mit dem Titel Schnelle Datenübertragung, stabile Verbindungen, geringe Strahlung: Mobilfunk mit Kleinzellensender lautete: „In zwei Stadtteilen werden Pilotprojekte für eine Mobilfunkversorgung auf der Grundlage der Kleinzellentechnik durchgeführt.“
In der Begründung heißt es: „Bei der Mobilfunkversorgung in Stuttgart müssen zwei Entwicklungen korrigiert werden. Als Grundlage einer zukunftsfähigen kabellosen und kabelgebundenen Versorgung müssen Gewerbebetriebe und Haushalte schnellstmöglich über einen leistungsfähigen Breitbandanschluss verfügen (>50 MBit/s) bzw. an ein neues zukunftsfähiges Glasfasernetz angebunden werden. In die Versorgung über Funk (GSM, UMTS, LTE, WLAN) muss die Stadt regulierend eingreifen, um eine optimale, zukunftsfähige und zugleich strahlungsminimierte Versorgung sicherzustellen. Der weitere Antennenwildwuchs ist zu vermeiden. Hierbei empfiehlt sich eine Orientierung an dem Modell eines Kleinstzellennetzes, wie es in St. Gallen (siehe u.s. Publikationen) erprobt und erfolgreich zum Einsatz gebracht wurde.“
VLC: Optisches WLAN statt Mikrowelle
In einem zweiten Antrag wurde einem Schulprojekt zur Visible Light Communication (VLC) zugestimmt. Das hat eine hohe gesundheitspolitische Bedeutung. Die Jugendlichen nutzen heute ihr Smartphone und den TabletPC permanent und sind durch die dauersendenden Apps hohen Risiken ausgesetzt. Die Studienlage zu WLAN ist erdrückend: 60 Studien belegen inzwischen seine Gesundheitsschädlichkeit. Das belegt erneut die neue diagnose:funk Studienrecherche. Im beschlossenen Antrag Neue Wege in der Digitalisierung gehen: VLC-Schulraum für die Stadt Stuttgart wird vorgeschlagen:
„Für die Erprobung und Weiterentwicklung der VLC-Technologie (siehe u.s. Publikationen) wird an einer Stuttgarter Schule das Projekt „VLC-Schulraum für die Stadt Stuttgart“ in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) und mit Unterstützung des Stadtmedienzentrums durchgeführt. Die Kosten für das Projekt belaufen sich insgesamt auf ca. 150.000 Euro und werden zu einem großen Teil vom Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) übernommen.“
In der ausführlichen Begründung heisst es u.a.: „In der Sitzung des Schulbeirats am 12.05.2015 wurde von der Verwaltung der Planungsstand für die Digitalisierung der Stuttgarter Schulen vorgestellt. Dabei trat zutage, dass den vorhandenen gesundheitlichen Bedenken bezüglich des Einflusses der Strahlung von W-LAN-Routern auf Schulkinder derzeit keine Rechnung getragen wird – obwohl etwa die Europäische Umweltagentur (EEA) bereits 2007 eindringlich vor den Gefahren hochfrequenter Strahlung gewarnt hat, wie sie beispielsweise durch W-LAN-Netzwerke oder Mobilfunk ausgesendet wird: „Die aktuelle Forschung und die Analyse der Langzeiteffekte der Strahlung von mobiler Telekommunikation zeigen, dass es umsichtig von den Gesundheitsbehörden wäre, Maßnahmen zu treffen, um vor allem empfindliche Gruppen wie Kinder der Strahlung weniger stark auszusetzen“ (Jacqueline McGlade, geschäftsführende Direktorin der Europäischen Umweltagentur). Die Krebsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2011 die nicht-ionisierende Strahlung als möglicherweise krebserregend eingestuft. Mittlerweile steht mit VLC eine technische Alternative zur Verfügung, die diese Bedenken ausräumen könnte.“
Ein Erfolg zäher kommunalpolitischer Arbeit
Die Verabschiedung der beiden Anträge ist ein Erfolg für die Stuttgarter Bürgerinitiative und dem BUND KV Stuttgart. Viele Gespräche mit dem neuen Oberbürgermeister, dem neuen Baubürgermeister, Vorträge vor Fraktionen, die Einladung der Wissenschaftler des Heinrich-Hertz-Institutes durch den Grünen MDL Thomas Marwein in den Landtag, der Besuch einer Delegation grüner Stadträte in St. Gallen, eine Veranstaltung der Grünen und SÖS-Linke_PLuS mit dem Amtsleiter aus St. Gallen im Stuttgarter Rathaus und nicht zuletzt das Informationsmaterial von diagnose:funk trugen zur Meinungsbildung bei. diagnose:funk gratuliert der Bürgerinitiative zu diesem großen Erfolg.