Baden-Württemberg: Ärzte protestieren gegen drohende lückenlose Verstrahlung und fordern Anhörung zu Risiken

Landesregierung will Mobilfunkbetreibern freie Hand beim Netzausbau geben
In einem offen Brief vom 19.10.2022 an die baden-württembergische Landesregierung wenden sich Ärzte gegen einen geplanten Gesetzentwurf zur Beschleunigung des 5G-Netzausbaus. Dafür sollen Antennen mit bis zu 15 Meter Höhe verfahrensfrei errichtet werden können, im Außenbereich bis zu 20 Meter, statt wie bisher allgemein für 10 m. Mobile Anlagen sollen bis zu zwei Jahre lang ohne Genehmigung aufgestellt werden. Wegen des zu erwarteten Widerstands will das Digitalisierungsministerium eine Informationskampagne starten (Stuttgarter Zeitung, 15.10.2022). Auch Bayern hat die "Genehmigungsfreiheit" jetzt beschlossen (s. Links). Damit wird über alle Risiken für die Gesundheit hinweggegangen.
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Erst im März 2022 forderte der >>> Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) angesichts nachgewiesener Gesundheitsrisiken ein regulatives Eingreifen des Staates. Der EWSA stellt fest, dass besorgniserregende wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung auf Menschen, Flora und Fauna nicht zur bisherigen einseitigen Interpretation durch Politik, ICNIRP und WHO passen. Als Konsequenz müssten „soziale, gesundheitliche und ökologische Fragen“ bezüglich der 5G-Netze, so der EWSA, „unter Einbeziehung der Bürger“ geklärt werden. Weiterhin fordert der EWSA, dass das Recht der Bürger auf körperliche Unversehrtheit und das Recht auf die Einwilligung beim Bau von Sendeanlagen respektiert und dass Dauermessstationen zur Kontrolle der Strahlenbelastung installiert werden.  

Wir bezweifeln, dass die Landesregierung die verbrieften Rechte der Kommunen nach der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung, § 7a und auf Grund der >>> bisherigen Rechtsprechung außer Kraft setzen kann.

Ärzteprotest in Stuttgart 2019Bild:diagnose:funk

Sehr geehrte Damen und Herren des Ausschusses für Landesentwicklung und Wohnen,

im Südkurier vom 21.9.2022 (siehe Anhang) wurde mit dem Titel "Land sagt Funklöchern den Kampf an" davon berichtet, dass Baden-Württemberg den Ausbau des Mobilfunknetzes forcieren und das Errichten von Mobilfunkmasten erleichtern will.

Dazu soll die Landesbauordnung geändert werden, wofür sich sowohl CDU-Landtagsfraktionschef Herr Hagel als auch Frau Holmberg in ihrer Funktion als baupolitische Sprecherin der Grünen aussprachen.

Dieses Vorhaben der Landesregierung, mit der Änderung der LBO die baurechtlichen Hürden für den Ausbau von Mobilfunkmasten zu senken, beunruhigt uns umweltmedizinisch tätige Ärztinnen und Ärzte zutiefst, da wir in unseren Praxen einen stetig zunehmenden Zustrom elektrosensibler Patienten verzeichnen müssen, Menschen aus allen sozialen Schichten, die unter der ununterbrochenen Befeldung durch Mobilfunksendeanlagen an Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Herzrhythmusstörungen, Hochdruck und zerebralen Funktionsstörungen leiden, um nur die anfangs häufigsten Beschwerden zu nennen. Dadurch droht den chronisch Erkrankten zwangsläufig eine soziale und finanzielle Abwärtsspirale, sofern sie denn nicht einen funkarmen Ort zum Wohnen und Arbeiten finden, an dem ihre Beschwerden nachlassen und bestenfalls ganz verschwinden.

Da wir uns mit unserer ärztlichen Tätigkeit dem Wohlergehen der uns anvertrauten Menschen und einer sinnvollen Gesundheitsvorsorge verpflichtet sehen,  ist es uns ein besonders wichtiges Anliegen, diese verständlicherweise Ihnen unbekannte Auswirkung auf Bevölkerungsgruppen durch die flächendeckende ununterbrochene Mobilfunkbestrahlung vorzustellen.

Daher möchten wir Sie dringend ersuchen, mithilfe einer Anhörung in Ihrem Ausschuss in einem positiven Dialog mit Ihnen diese Aspekte vor einer Änderung der bestehenden Bauordnung ansprechen zu können und grüßen Sie in der Hoffnung auf eine baldige Zusage

  • Dr. med. Christine Aschermann, FÄ f. Psychotherapie, Neurologie, Leutkirch
  • Dr. Felizita Bantle, FÄ f. Allgemeinmedizin, Freiburg
  • Dr. med. Harald Banzhaf, FA f. Allgemeinmedizin/Umweltmedizin, Naturheilverfahren, Sportmedizin, Betriebsmedizin, Sozialmedizin, Notfallmedizin, Bisingen
  • Dr. med. Wolf Bergmann, FA f. Allgemeinmedizin, Homöopathie, Freiburg
  • Dr. med. Arndt Dohmen, FA f. Innere Medizin/Angiologie, Murg
  • Barbara Dohmen, FÄ f. Allgemeinmedizin/Umweltmedizin, Murg
  • Dr. med. Horst Eger, FA f. Allgemeinmedizin, Naila
  • Dr. med. Jörn Erlecke, Zahnarzt für biologische Zahnmedizin, Biberach
  • Dr. med. Eike Etz, Zahnarzt, Neckargemünd
  • Therese Fernandes- Hampp, FÄ f. Allgemeinmedizin/ Umweltmedizin, Gaildorf
  • Dr. rer. nat. Dipl. Biol. Winfried J. Franke, FA. f. Allgemeinmedizin, Umweltmedizin, Naturheilverfahren, Freiburg
  • Prof. Dr. med. Ingrid Gerhard, FÄ f. Frauenheilfunde und Geburtshilfe, Heidelber
  • Michaela Kammerer, FÄ f. Allgemeinmedizin, Murg
  • Dr. med. Markus Kern, FA f. Psychosomatische Medizin, Psychotherapie, Kempten
  • Dr. med. Monika Krout, FÄ f. Allgemeinmedizin, Aachen
  • Michael Kübler, Prakt. Arzt, Homöopathie, Schopfheim
  • Dr. med. Suzanne Lenferink, FÄ f. Innere Medizin / Klinische Umweltmedizin, Leonberg
  • Dr. med. Detlef Lorenzen, FA f. Allgemeinmedizin, Psychotherapie, Heidelberg
  • Dr. med. Cornelia Mästle, FÄ f. Innere Medizin, Psychotherapie, Winterbach
  • Dr. med. Joachim Mutter, FA f. Umweltmedizin und Hygiene, Konstanz
  • Stephanie Orth-Kern, Dipl.-Psych. M.A., Psychologische Psychotherapeutin, Böblingen
  • Elisabeth Radloff, FÄ f. Allgemeinmedizin, Psychotherapie, Homöopathie, Murg
  • Dr. med. Gabriele Röttgers, FÄ f. Allgemeinmedizin, Überlingen
  • Dr. med. Jörg Schmid, FA f. Psychiatrie, Psychotherapie, Psychoanalyse, Stuttgart
  • Dr .med Dagmar Schmucker, Innere Medizin/ Klinische Umweltmedizin, Weil der Stadt
  • Dr. med. Jeannette Teeuwen, FÄ f. Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Waldshut
  • Hanna Tlach, Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin, Allensbach
  • Thomas Thraen, FA. f. Psychosomatische Medizin, Psychotherapie, Naturheilverfahren, Neu-Ulm
  • Dr. med. Cornelia Waldmann-Selsam, Praktische Ärztin, Fuldatal
  • Prof. Dr. med. Dr. phil. Harald Walach, Klinischer Psychologe, Berlin
  • Dr. med. Eckart Wallis, FA f. Allgemeinmedizin, Psychotherapie, Heidelberg
  • Karin Brigitte Wegner, FÄ f. Psychiatrie, Psychotherapie, Rehabilitationswesen, Heidelberg
  • Dr. med. Stefan Wild, FA f. Allgemeinmedizin, Stockach

Publikation zum Thema

4. vollständig überarbeitete Auflage, 2021Format: A5Seitenanzahl: 96 Veröffentlicht am: 26.05.2021 Bestellnr.: 104Sprache: DeutschHerausgeber: diagnose:funk | Titelfoto: stock.adobe.com

Kommunale Handlungsfelder

Mobilfunk: Rechte der Kommunen - Gefahrenminimierung und Vorsorge auf kommunaler Ebene
Autor:
diagnose:funk | Dipl.-Ing. Jörn Gutbier
Inhalt:
Diese Broschüre gibt Auskunft, welche Möglichkeiten Gemeinden haben, in die Aufstellung von Mobilfunksendeanlagen steuernd einzugreifen. Es wird aufgezeigt, was Kommunen neben dem sog. Dialogverfahren mit den Betreibern noch alles tun können, um ihre Bürger:innen mit einem Vorsorge- und Minimierungskonzept vor der weiterhin unkontrolliert zunehmenden Verstrahlung unserer Lebenswelt zu schützen. Darüber hinaus wird auf Argumente eingegangen, die in der Mobilfunkdiskussion eine wichtige Rolle spielen: die Grenzwerte, der fehlende Versicherungsschutz der Betreiber, der Mobilfunkpakt der kommunalen Spitzenverbände, die Strahlungsausbreitung um Sendeanlagen, die Messung und Bewertung der Strahlungsstärke, der Diskurs um Sendeanlagen versus Endgeräte, Kleinzellennetze, alternative Technologien u.a.m. Die Kommune ist immer noch die einzige Ebene, auf der zur Zeit ein wichtiger Teil einer neuen, effektiven Art der Mobilfunkvorsorgepolitik zum Schutz der Menschen und der Umwelt eingeleitet und umgesetzt werden kann.
diagnose:funk
Format: Din langSeitenanzahl: 10 Veröffentlicht am: 12.08.2022 Bestellnr.: 318Sprache: deutschHerausgeber: diagnose:funk

Mobilfunk, Sendeanlagen, Netzausbau. Kommunale Rechte zur Gesundheitsvorsorge wahrnehmen!


Autor:
diagnose:funk
Inhalt:
Ein Mobilfunkmast soll gebaut werden. Welche Risiken sind nachgewiesen? Was können Initiativen fordern? Welche Rechte haben Kommunen? Der bewährte Flyer zu den Risiken von Mobilfunksendeanlagen und den Handlungsmöglichkeiten der Kommunen ist komplett neu erstellt worden. Er fasst die wichtigsten Informationen kurz zusammen, auch für EntscheidungsträgerInnen in den Kommunen.
Artikel veröffentlicht:
19.10.2022
Autor:
diagnose:funk
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