Aktualisiert (16.04.2024): Mobilfunkstrahlung - ein Risiko? Über den aktuellen Stand der Forschung informiert sein.

Ein Kompass durch eine scheinbar verwirrende Debatte.
Der Forschungsfortschritt der letzten Jahre zu Gesundheitsrisiken der nicht-ionisierenden Strahlung ist enorm. Das dokumentiert dieser Kompass zur Studienlage. Die Industrie hat aber ein existenzielles Interesse daran, dass Gesundheitsrisiken ihrer Produkte nicht bekannt werden. Dafür betreibt sie einen großen Aufwand. Wie dies aktuell im Mobilfunkbereich mit der Hilfe von Werbeagenturen, Medien und Behörden geschieht, das analysiert diagnose:funk und gibt den Initiativen einen Kompass für die Orientierung im Dschungel der Argumente.
EMFData, 20.03.2024

 

I. DIE STUDIENLAGE

 

Die Studienlage wird von diagnose:funk kontinuierlich recherchiert und dokumentiert, in der Datenbank www.EMFData.org und mit der Herausgabe des Fachmagazins ElektrosmogReport.

Studienlage gesamt & kompakt: diagnose:funk hat im Arbeitspapier 01 "Zum Stand der Forschung zur nicht-ionisierenden Strahlung des Mobilfunks", das kontinuierlich aktualisiert wird, den Stand der Forschung zusammengefasst. Dieses Papier ist das zentrale Dokument, das alle Initiativen und Aktiven als Argumentationsgrundlage kennen sollten.

Mobilfunkstrahlung und Krebsrisiko: Im diagnose:funk-Arbeitspapier 02 "Mobilfunk und Krebsinzidenzen - ein Überblick" vom 01.06.2023 werden folgende Fragen behandelt: Wie ist der aktuelle Forschungsstand zum Krebsrisiko? Wenn die Studien, die ein Krebs auslösendes und Krebs promovierendes Potenzial nachweisen, stimmen würden, müsste sich dies in erhöhten Krebsinzidenzen in der Bevölkerung zeigen! Was sagen die Krebsstatistiken? (Anlagen zum Papier>>>)[1]

Studienlage WLAN: Die WLAN-Frequenz von 2,45 GHz hat besondere Relevanz. Sie wird besonders viel genutzt, da sie lizenzfrei und kostenlos ist und durch WLAN an Schulen Kinder, Jugendliche und Lehrer ihr dauerhaft ausgesetzt sind. Im diagnose:funk Webinar 27 wurde der Forschungsstand (Mai 2023) präsentiert. Das Vortragsmanuskript "WLAN an KiTas und Schulen - ein Hype verdrängt die Risiken", die PPT-Präsentation, ein Artikel in umwelt-medizin-gesellschaft stehen zum Download und das Video dazu ist online (s.u.). Aktualisiert: Vortrag 2024 & PPT zur Studienlage WLAN auf einer Ärztetagung.

Elektrohypersensibilität (EHS): Die Ursachen liegen in einem geschwächten Immunsystem und Vorerkrankungen. Die Überproduktion von freien Radikalen (s. Wirkmechanismus) mit der Folge entzündlicher Erkrankungen (Oxidativer Zellstress) schlägt sich bei EHS in Beschwerden nieder. Mehr dazu auf unserer Homepage www.diagnose-ehs.org. Neue Publikationen: Die Studie von McCredden et al. (2022) dokumentiert Studien zu Wirkungen von EMF auf biologische Organismen und fordert, dass in der medizinischen Ausbildung die Wirkung von EMF integriert wird. Belpomme / Irigaray (2022) legen einen Überblick zu Erkenntnissen über EHS vor. Zu EHS publiziert diagnose:funk das Buch "Die unerlaubte Krankheit" von Renate Haidlauf, >>> Landingpage zum Buch mit vielen Zusatzinfos zu EHS.

Das >>> Arbeitspapier 05 von Bernd I. Budzinski / Peter Hensinger (2024) "Warum Elektrohypersensibilität (EHS) eine biologisch erwartbare Reaktion auf eine schädliche Strahlung ist" beantwortet anhand der Forschungsergebnisse die Frage: Ist Elektrohypersensibilität (EHS), ausgelöst durch Mobilfunkstrahlung, eine Tatsache oder eine Einbildung?

Auswirkungen auf das Gehirn: In fast jeder Ausgabe des ElektrosmogReport werden Studien besprochen, die Wirkungen auf den Gehirnstoffwechsel nachweisen. Im diagnose:funk Arbeitspapier 04 "Auswirkungen nicht-ionisierender Strahlung auf Menschen mit Epilepsie" wird zu diesem Endpunkt die gegenwärtige Studienlage dokumentiert.

Flora und Fauna: Angesichts der Umweltzerstörung und des Artensterbens bekommt die Studienlage zur Wirkung der elektromagnetischen Felder (EMF) auf die Umwelt große Bedeutung. Bereits in den "Leitlinien Strahlenschutz" (2005, S.46) des Bundesamtes für Strahlenschutz wurde dazu Forschung angemahnt. Die Leitlinien wurden auf Druck der Industrie zurückgezogen. Im BUND-Positionspapier von 2008 wurde die schädigende Wirkung dokumentiert, inzwischen gibt es neue signifikante Ergebnisse und Reviews v.a. zu Auswirkungen von EMF auf >>> Insekten und >>> Bäume. Unsere >>> Artikelserie Digitalisierung, Mobilfunk, 5G und ihre Auswirkungen auf das Klima behandelt das Thema umfassend.

Wirkmechanismus: Der Nachweis zwischen Ursache und Wirkung der Schädigung ist durch viele Studien, die oxidativen Stress als Auslösung von pathologischen Veränderungen in den Zellen nachweisen, erbracht. Die wichtigsten Reviews sind von Yakymenko et al. (2015) und Schürmann/Mevissen (2021).

Einen Gesamtüberblick über die Studienlage gibt unsere Zusammenstellung von 131 Reviews.

Selbst Recherchieren: auf unserer Datenbank www.emfdata.org. Die Datenbank enthält aktuell 670 Studien (20.03.2024) zu elektromagnetischen Feldern des Mobilfunks, davon sind 488 detailliert ausgewertet. Mit Hilfe der Filterfunktionen finden Sie gewünschte Studien.

Immer auf dem Laufenden sein: Vierteljährlich erscheint der ElektrosmogReport mit 12 neuen Studien. Nur noch diagnose:funk wertet im deutschsprachigen Raum kontinuierlich die Studienlage aus. Bis 2017 machte das in vorbildlicher Weise das offizielle EMF-Portal, dann strich die Bundesregierung die Mittel für die Summaries.

 

STOA-Studie / diagnose:funk

Neueste amtliche Dokumente kennen.

Drei Dokumente sollten Sie kennen:

  • 1. Die STOA-Studie (auch zusammengefasst in einem d:f Brennpunkt), herausgegeben vom Technikfolgenausschuss des EU-Parlaments und die Versuche des Bundesamtes für Strahlenschutz, die Studie durch verwirrende Debatten zu diskreditieren: https://www.diagnose-funk.org/1883.

 

 

  • 2. Im Amtsblatt der EU vom März 2022 wurde die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts-und Sozialausschusses (EWSA) veröffentlicht, in der von den Regierungen gefordert wird, endlich die Studienergebnisse anzuerkennen und eine Schutz- und Vorsorgepolitik einzuleiten. Dazu stellt er konkrete Forderungen auf: https://www.diagnose-funk.org/1828
  • 3. Der Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (TAB) des Deutschen Bundestages, Drucksache 20/5646 (2023): „Mögliche gesundheitliche Auswirkungen verschiedener Frequenzbereiche elektromagnetischer Felder (HF-EMF)“ dokumentiert wichtige Aspekte der Studienlage. diagnose:funk analysiert den Bericht in einer >>> Artikelserie.

Grafik: diagnose:funk, ICBE-EMF

Grenzwerte: Warum die geltenden ICNIRP-Grenzwerte unwissenschaftlich und ohne Schutzfunktion sind, weist die unabhängige Grenzwertkommission ICBE-EMF in einem ausführlichen Papier nach: 

Zur industrielobbyistischen Rolle der ICNIRP gibt es eine diagnose:funk >>> Artikelserie mit vielen Dokumenten.

Mobilfunk-Chronologie 1996-2023: Diese Chronologie dokumentiert die wichtigsten politischen und wissenschaftlichen Dokumente (>>> Download).

 

Brennpunkt diagnose:funk

II. DIE DEBATTE UM DIE INTERPRETATION DER STUDIENERGEBNISSE

 

Hauptverteidigungslinie thermisches Dogma: Auf dem thermischen Dogma, dass nur die Wärmewirkung der Mobilfunkstrahlung Organismen schädigen könne, beruhen die Richtlinien der Internationalen Kommission zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung (ICNIRP) und die Strahlenschutzpolitik in den westlichen Ländern. Im ehemaligen Ostblock beruhte die Gesetzgebung und Festlegung von Schutzmaßnahmen auch auf nicht-thermischen Wirkungen. Das erklärt, warum deren Grenzwerte um ein bis zu 500-Faches niedriger als im Westen sind. Die Frage, ob es nicht-thermische Wirkungen gibt, ist durch die Studienlage entschieden. Wir dokumentieren im >>> Arbeitspapier 03 eine Auswahl von 70 Studien, die nicht-thermische Wirkungen nachweisen. Sie zeigen, wie Zellkaskaden verändert werden und zu pathologischen Effekten führen.

Die Fehlinterpretationen durchschauen: Im Jahr 2022 lief in den Medien eine koordinierte Entwarnungskampagne mit der Botschaft „5G und Handys sind ungefährlich“, gemeinsam durchgeführt von Industrie, Bundesregierung und der dpa. Wir haben sie gründlich analysiert, auf der Homepage und in Fachartikeln:

Unsere Analysen, die teilweise auf Englisch erschienen sind, fanden auch international bei kritischen Wissenschaftlern Anerkennung.

Die Killerargumente durchschauen: „Mobilfunkstrahlung hat nicht die Energie, Zellen zu schädigen!“, „Je näher der Sendemast am Wohngebiet, desto geringer die Strahlenbelastung!“, „Krebsgefahr? Nein, Mobilfunk ist so gefährlich wie der Verzehr von eingelegtem Gemüse oder Kaffee!“, "Die Grenzwerte schützen!" - in einer Artikelserie sezieren wir diese Argumente >>> https://www.diagnose-funk.org/forschung/mobilfunk-risikobewertungen/scheinargumente-und-halbwahrheiten

 

David Michaels, Behördenchef unter US-Präsident Obama, analysiert die Taktiken der Industrie

 

III. INDUSTRIETAKTIKEN ZUR RISIKOVERSCHLEIERUNG

 

Bürgerinitiativen und alle Verbraucher sollten über den Stand der Forschung informiert sein. Die Deutungshoheit in der öffentlichen Wahrnehmung liegt derzeit beim Bundesamt für Strahlenschutz und den Medien, die ungeprüft die Interpretationen des Bundesamtes übernehmen. Das zu durchschauen,  ist nicht kompliziert, wenn man die Taktiken der Industrie und Behörden, mit denen Risiken verschleiert werden, durchschaut. diagnose:funk hat die Taktiken, die den klimakillenden Konsum- und Wachstumshype, der durch die Digitalisierung erwartet wird, absichern sollen, in vielen >>> Brennpunkten analysiert.

Taktik 1: Risiken abstreiten, so wie z.B. Telefonica-Chefs Markus Haas:

  • „Uns beunruhigt diese Diskussion sehr, weil sie faktenfrei ist. Es gibt keinerlei wissenschaftlich fundierte Studien, die auch nur irgendeine Gesundheitsgefährdung sehen.“

Taktik 2: Wissenschaftlichkeit simulieren. Das Bundesamt für Strahlenschutz betont, dass es ständig die Studienlage analysiert, in Sorge um die Gesundheit, aber keine Studienergebnisse findet, die Gesundheitsrisiken belegen, im Gegenteil, es behauptet:

  • Es gebe keine Erkenntnisse, dass es unterhalb der Wärmeschwelle gesundheitsschädliche Auswirkungen durch Mobilfunkstrahlung gibt.
  • Alle Studien, die unterhalb der Grenzwerte Effekte nachgewiesen haben, seien Einzelfälle, konnten nicht reproduziert werden und erfüllten nicht wissenschaftliche Kriterien. Eine Kausalität hätte bisher nicht nachgewiesen werden können. (Studien, die keine Effekte zeigen, werden in der Regel jedoch ungeprüft begrüßt und verbreitet.)
  • Die nicht-ionisierende Strahlung habe grundsätzlich nicht die Energie, Zellen zu schädigen.
  • Die Grenzwerte schützten alle Personengruppen vor Gesundheitsschäden.

Taktik 3: Anzweifeln. Aussagekräftige Studien, die Risiken nachweisen, liegen vor und beunruhigen die Industrie. Man zweifelt die Ergebnisse an, initiiert eine Phase verwirrender Debatten, wirft Nebenfragen auf, um vom Hauptergebnis abzulenken.

Taktik 4: Täuschen. Mit Fehlinterpretationen von Studien, Entwarnungs- und Gefälligkeitstudien sollen die Nutzer und die Politik verunsichert und Entscheidungen verhindert werden, man versucht eine Paralyse durch Analyse herzustellen.

Für die Konzeption dieser Taktiken werden Kommunikationsagenturen nach US-Vorbild angeheuert. In Deutschland wurde für die 5G-Kampagne der Bundesregierung die Werbeagentur Scholz & Friends beauftragt. Umfassend werden diese Taktiken im Grundsatzartikel von David Michaels, Behördenchef unter Präsident Obama, und in den beiden Bänden der EUA (Europäische Umweltagentur) „Späte Lehren aus frühen Warnungen“  dargestellt. Die EUA hat ein 10 Phasen-Schema herausgearbeitet, nach dem die Industrie vorgeht. 

Mit der Funktion der Kausalitätstheorie des Bundesamtes für Strahlenschutz setzen sich ein >>> Brennpunkt und ein Artikel von >>> Klaus Scheler auseinander.

Diese Taktiken wirken zeitweilig, insbesondere in der Politik. Von Flensburg bis Garmisch bekommen derzeit besorgte BürgerInnen von allen Regierungsparteien dieselben Antworten, generiert aus Textbausteinen des Bundesamtes für Strahlenschutz. Sie können jedoch die Fakten nicht aus der Welt schaffen.

Dieses industrielle Lobbysystem zu durchschauen, dazu verhilft

Das Greenwashing der angeblichen Nachhaltigkeit der Digitalisierung durchschauen: Dazu verhilft unsere Artikelserie

 

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Anlagen zum Arbeitspapier „Krebs“ vom 01.06.2023:

[1]  Anlage 1: Lin J C (2022): Carcinogenesis from chronic exposure to radio-frequency radiation, Front Public Health 2022; 10: 1042478

Anlage 2a: ICBE-EMF (International Commission on the Biological Effects of Electromagnetic Fields) (2022): Scientific evidence invalidates health assumptions underlying the FCC and ICNIRP exposure limit determinations for radiofrequency radiation: implications for 5G, Environ Health 2022; 21: 92

Anlage 2b: ICBE-EMF(2022): Wissenschaftliche Erkenntnisse entkräften gesundheitliche Annahmen, die den FCC (Federal Communication Commission, USA) und ICNIRP-Grenzwertbestimmungen für Hochfrequenzstrahlung zugrunde liegen: Folgen für 5G, deutsche Übersetzung im diagnose:funk Brennpunkt

Anlage 3: Peter Hensinger (2023): Die Auseinandersetzung über die Deutungshoheit zu Risiken der Mobilfunkstrahlung, umwelt-medizin-gesellschaft 2/2023

Anlage 4: Davis D, Birnbaum L, Ben-Ishai P, Taylor H, Sears M, Butler T, Scarato T (2023): Wireless technologies, non-ionizing electromagnetic fields and children: Identifying and reducing health risks, Curr Probl Pediatr Adolesc Health Care 2023; 53 (2): 101374; >>>Download Volltext

Auf dem diagnose:funk youtube Kanal finden Sie Filme und Webinare, die den Stand der Forschung behandeln, hier eine Auswahl

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