Machen Sie sich selbst ein Bild: Zitate aus dem Parlamentsbericht "5G-Mobilfunk und Gesundheit"
... vom relativierenden Eiertanz und vorsichtigen Warnungen
"Für etablierte Mobilfunkfrequenzen gilt, dass es inadäquate und limitierte Evidenz zu möglichen Risiken gibt, weil eine Vielzahl teils auch sehr anspruchsvoller Studien weder einen eindeutigen Nachweis noch Entwarnung liefern kann. Für die neuen Mobilfunkfrequenzen nahe am Millimeterwellenbereich von 5G gilt hingegen, dass erhebliche Wissenslücken bestehen, weil zu relevanten Risikohypothesen, Frequenzbereichen und Feldstärken noch kaum Studien vorliegen (fehlende Untersuchungen)."(S.6)
"Es gibt Übereinstimmung darüber, dass sich die reale Expositionssituation der Bevölkerung durch die zunehmende Allgegenwart elektronischer Geräte (vom Babyphone über Kinderspielzeug bis hin zu Mobiltelefonen, Smart Metern, selbst-fahrenden Autos und Internet-of-Things) mit unterschiedlichsten Strahlungsimmissionen aus einer Vielzahl von Quellen weiter kompliziert und (zumindest in Hinblick auf Allgegenwart und Dauer) verschärft." (S.7)
"Vor diesen Hintergrund ist keine eindeutige und konsensuale Feststellung des gesundheitlichen Risikopotenzials bezüglich etablierter Mobilfunkstrahlung absehbar. In Bezug auf 5G im Speziellen scheint der Mangel an tierexperimentellen und In-vitro-Studien prinzipiell behebbar. Die Produktion einer robusteren Evidenzsituation ist jedoch nicht absehbar (anspruchsvolle Studiendesigns) bzw. unwahrscheinlich (Fehlen von epidemiologischen Studien)." (S.7)
... zu klaren Aussagen zur Studienlage: erste besorgniserregende Erkenntnisse
"Simkó und Mattsson (ein Bericht, der im Auftrag der Telekom verfasst wurde, d:f)(1) fassen zusammen, dass der überwiegende Anteil der Studien in Hinblick auf medizinische Anwendungen (bei starker bzw. extrem starker Exposition) und nicht in Hinblick auf Gesundheitsrisiken (bei geringer Exposition) durchgeführt wurde ... Insgesamt erwachse aus der Studienlage insgesamt wegen widersprüchlicher Ergebnisse aus In-vivo- und In-vitro-Untersuchungen keine klare Evidenz ... So gäbe es keine adäquaten und ausreichenden Informationen, um eine sinnvolle Sicherheitsbewertung durchzuführen oder die Existenz nicht-thermischer Effekte zu beurteilen. Aufgrund der geringen Eindringtiefe elektromagnetischer Strahlung im Millimeterwellen-Bereich wird empfohlen, die Suche nach möglichen biologischen Auswirkungen auf den Menschen auf die oberen Hautschichten und Augen zu konzentrieren, da dort die stärksten Wechselwirkungen zu erwarten sind (Simkó/Mattsson 2019, S. 15). Die Suche sollte dabei nicht auf mögliche akute Auswirkungen (wie z. B. Verbrennungen) beschränkt sein, sondern auch mögliche chronischen Effekte (wie z. B. Entzündungen oder Krebsentwicklung) miteinbeziehen." (S.106)
"Neben Auswirkungen auf den Menschen sollte auch nach Auswirkungen von 5G-Millimeterwellen auf Flora und Fauna (mit indirekten Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit) gesucht werden. Insbesondere die Auswirkungen auf sehr kleine Organismen (ein Zentimeter bis wenige Millimeter), wie z. B. Insekten, Pflanzen oder Pilze, sei eine relevante Frage, da die Eindringtiefe von Millimeterwellen-Strahlung hier ausreichen könne, um den gesamten Organismus zu erwärmen. Dabei sollten auch Frequenzen nahe einer Resonanzfrequenz des Organismus berücksichtigt werden, da hier die stärksten Wechselwirkungen zu erwarten sind." (S. 107)
Erkenntnisse legen ein Moratorium nahe
"Di Ciaula (2018) (ausgewertet auf EMFData, df) schließt, dass erste Beobachtungen zu Millimeterwellen eine Erhöhung der Hauttemperatur, veränderte Genexpression, verstärkte Zellproliferation und Synthese von Stress-Proteinen, entzündlicher und metabolischer Prozesse erhöhten, Augenschäden erzeugen und neuro-muskuläre Dynamiken beeinflussen könnten. Es brauche zwar weitere Studien, um die Gesundheitseffekte besser und unabhängig zu untersuchen, aber die verfügbaren Befunde scheinen diesem Autor auszureichen, um die Existenz biomedizinischer Effekte zu demonstrieren und das Vorsorgeprinzip anzuwenden, exponierte Personen als möglicher Weise gefährdet einzustufen und die geltenden Grenzwerte zu überarbeiten." (S.107)
"Russel schließt aus dem zusammengefassten Evidenzstand, dass Datenlücken (in Bezug auf biologische Effekte, Langzeitexposition und besonders gefährdete Populationsgruppen, Millimeterwellen und gemischte Frequenzbereiche) durch unabhängige Studien gefüllt werden sollten und es unabhängige beratende Gremien in Bezug auf Gesundheit und Umwelt brauche, bevor 5G-Millimeterwellen zum Einsatz kommen (Moratorium). Auch sollten wir unsere Exposition bezüglich hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung minimieren, wo immer technisch möglich (ALARAPrinzip). Betzalel et al. (2018) (ausgewertet auf EMFData, df) diskutieren im Detail mögliche Wirkmechanismen von Frequenzbereichen über 24 GHz bei Absorption durch die Haut. Insbesondere heben sie die morphologische Besonderheit von Schweißdrüsen hervor, die für solche Wirkmechanismen zentrale Bedeutung haben könnte („Antennen-Wirkung“). Auf dieser Basis entwickelte die Forscher*innengruppe ein verbessertes Hautmodell für Simulationsversuche, die wiederum unerwartet hohe und ansteigende SAR-Werte in den hohen Frequenzbereichen (75 bis 110 GHz) zeigten. Sie schließen, dass es ausreichend Evidenz gäbe um nahezulegen, dass die helikale Struktur von Schweißdrüsen in Kombination mit einer Annäherung von Wellenlängen an die Dimensionen von Hautschichten zu nicht-thermischen biologischen Effekten führen könne. Diese Autor*innen warnen dementsprechend vor einem unbeschränkten Einsatz von hohen Frequenzbereichen (insbesondere im sogenannten Sub-THz-Bereich)." (S.108)
Abschließende Warnungen: Negative Wirkungen scheinen plausibel zu sein
"Die sicherlich aufgrund der robusten und nachvollziehbaren Methode zentrale, momentan verfügbare Review in einer Fachzeitschrift ist jene von Simkó und Mattsson (2019). Ganz anders als MoH NZ (2018 und 2019) (Berichte der neuseeländischen Regierung) kommen die Autor*innen zu dem Schluss, dass die Evidenzlage äußerst lückenhaft, nicht statistisch auswertbar und aus einer Vielzahl von Gründen auch kaum qualitativ interpretierbar sei. Aufgrund theoretischer Überlegungen empfehlen sie Studien zu akuten wie auch chronischen Auswirkungen von Exposition (und insbesondere auch intensiven Strahlungsspitzen) auf Haut und Augen (wie auch auf Insekten, Pflanzen und Pilze). Reviews des „inklusiven Typs“ (Russel 2018, Di Ciaula 2018) erwarten Effekte auch in oberflächenfernen Körperregionen und sehen die Existenz biomedizinischer Effekte als ausreichend demonstriert an, um das Vorsorgeprinzip anzuwenden und unabhängige Forschung und Beratung zu institutionalisieren." (S.109)
"Betzalel et al. (2018) (ausgewertet auf EMFData, df) zeigen letztlich überzeugend, dass für Millimeterwellenbereiche besondere nicht-thermische Wirkmechanismen tatsächlich theoretisch plausibel sind. So ist sowohl auf Ebene der Aggregatoren, der Reviews, wie auch der Einzelstudien noch wenig zu möglichen Gesundheitseffekten von 5G gesagt. In den allermeisten Fällen wird allein auf die mit 5G absehbar im Mobilfunk eingesetzten höheren Frequenzbereiche Bezug genommen oder auf die daraus weiter verstärkte Mischexpositionen durch unterschiedlich charakterisierte elektromagnetische Felder. Die wissenschaftliche Diskussion verdichtet sich hier in Richtung spezifischer Wirkorte und Wirkmechanismen und in Richtung einer gegenwärtig äußerst unzulänglichen Studienlage." (S.109)
Anmerkung diagnose:funk:
(1) Die Simko/Mattsson - Studie wurde von der Telekom beauftragt. Auch wenn der Großteil der herangezogenen Studien mit Leistungsflussdichten gearbeitet hat, die in der Mobilfunkanwendung keine Rolle spielen (> 10 W/m²), werden hier 18 Arbeiten besprochen, die in vivo (5) oder in vitro (13) bei kleiner 10 W/m² biologisch relevante Effekte (Response) geliefert haben.