Wissensch. Beweise: Grenzwerte untauglich

Bericht der BioInitiative Working Group
Eine internationale Arbeitsgruppe von Wissenschaftern, Forschern und Fachleuten für öffentliche Gesundheitspolitik (Die BioInitiative Arbeitsgruppe) hat einen Bericht über den Einfluss elektromagnetischer Felder (EMF) auf die Gesundheit herausgegeben.

Die heute gültigen Grenzwerte

für elektromagnetische Felder basieren im wesentlichen auf der Überlegung, dass…

  • Spontane Nervenreizungen durch hohe, im Körper induzierte Ströme verhindert werden müssen (massgebend bei niederfrequenten Feldern), und
  • Körpergewebe vor übermässiger Erwärmung, d.h. vor spontanem „Fieber“, geschützt werden muss (massgebend bei hochfrequenter Strahlung).

Eine Fülle an weiteren, biologischen Effekten der Strahlung, die schon bei viel tieferen Intensitäten auftreten, wird seit langem ignoriert, weil diese Effekte angeblich „wissenschaftlich nicht eindeutig belegt“ seien. Ein unabhängiges Konsortium aus international anerkannten Experten hat sich daher zusammengeschlossen und die Beweislage für die wichtigsten biologischen Effekte elektromagnetischer Felder ausgewertet und gewichtet. Die „BioInitiative Working Group“ stellt diese Auswertungen auf ihrer Webseite nun zur freien Verfügung.

Diagnose-Funk veröffentlicht die deutsche Übersetzung der Pressemitteilung   Schwerwiegende Bedenken bezüglich Schädigung der öffentlichen Gesundheit durch Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern (EMF) von Hochspannungsleitungen und Mobiltelefonen der BioInitiative Working Group.

Der Bericht äussert schwerwiegende Bedenken bezüglich der Sicherheit der heutigen öffentlichen Grenzwerte für den Schutz vor EMF von Hochspannungsleitungen, Mobiltelefonen und vielen anderen EMF-Expositionsquellen des täglichen Lebens.

Elektromagnetische Strahlung von Quellen wie Hochspannungsleitungen, Hausleitungen und Erdungen von Gebäuden und Geräten wird mit einem erhöhten Risiko für Kinderleukämie in Verbindung gebracht und kann Auslöser für Krebs im späteren Erwachsenenalter sein. Die Auswertung der BioInitiative Working Group (www.bioinitiative.org), die am Freitag, dem 31. August 2007 herausgegeben wurde, dokumentiert den wissenschaftlichen Beweis, dass EMF-Exposition durch Hochspannungsleitungen in den Vereinigten Staaten und der ganzen Welt jedes Jahr für Hunderte von neuen Fällen von Kinderleukämie verantwortlich ist.

Der Bericht liefert detaillierte wissenschaftliche Information über Einflüsse auf die Gesundheit, wenn Menschen elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt sind, die hundert- oder sogar tausendmal [1] unterhalb der derzeitigen Grenzwerte liegt, wie sie die U.S.-amerikanische Kommunikations-Komission (US FCC) oder die Internationale Kommission zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung (ICNIRP) in Europa festgelegt haben. Die Autoren überprüften mehr als 2000 wissenschaftliche Studien und Literaturübersichten und schlossen daraus, dass die derzeit gültigen öffentlichen Sicherheitsgrenzwerte für den Schutz der öffentlichen Gesundheit untauglich sind. Vom gesundheitspolitischen Standpunkt aus sind neue öffentliche Sicherheitsgrenzwerte und Grenzwerte für die weitere Einführung von Risikotechnologien auf der Basis dieses Beweismaterials gerechtfertigt.

Die wissenschaftliche Beweislage, die der Bericht dokumentiert, gibt Anlass zu Sorgen bezüglich Kinderleukämie (durch Hochspannungsleitungen und andere elektrische Expositionen), Gehirntumore, Gehörnervtumore (durch Mobil- und Schnurlostelefone) und der Alzheimer'schen Krankheit. Es gibt Hinweise, dass EMF ein Risikofaktor für Krebs bei Kindern wie auch bei bei Erwachsenen sind.

Der Experte für öffentliche Gesundheit und Co-Autor des Berichts, Dr. David Carpenter, Direktor des Institute for Health and the Environment (Institut für Gesundheit und Umwelt) der Universität Albany, New York, sagt: „Dieser Bericht ist ein Weckruf, dass Langzeit-Exposition durch einige Arten von EMF ernsthafte Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Jetzt bedarf es einer gewissenhaften öffentlichen Gesundheitsplanung zur Vorbeugung vor Krebs und neurologischen Leiden, die mit der Exposition durch Hochspannungsleitungen und anderen Quellen von EMF in Verbindung stehen. Wir müssen die Menschen und auch die Entscheidungsträger darüber unterrichten, dass „business as usual“ nicht mehr akzeptabel ist.“

Die Diskussion über Gesundheitseffekte durch EMF von Hochspannungsleitungen wurde ursprünglich von Nancy Wertheimer, einer öffentlichen Gesundheitsexpertin von Colorado, und von Ed Leeper, einem Elektroingenieur, im Jahr 1979 angestossen. Wertheimer bemerkte, dass Kinder, die im Gebiet Denver (Colorado) nahe an Hochspannungsleitungen und Transformatorstationen lebten, ein zwei- bis dreimal höheres Risiko hatten, an Leukämie zu erkranken. Heute bestätigen Dutzende von Studien diesen Zusammenhang, doch die öffentlichen Gesundheitsstellen reagieren nur langsam, und neue Grenzwerte zum Schutz der Öffentlichkeit sind nötig.

Der Spezialist für Gehirntumore, Dr. Lennart Hardell, Dr. med., Dr. phil. und Professor am Universitätsspital von Orebro, Schweden, ist ebenfalls Mitglied der BioInitiative Arbeitsgruppe. Seine Studien über Mobiltelefone, Schnurlostelefone und Gehirntumore sind weitherum bekannt als ausschlaggebend in der Debatte über die Sicherheit gegenüber Hochfrequenz- und Mikrowellenstrahlung. „Die Risiken bei länger andauerndem Gebrauch von Mobil- und Schnurlostelefonen sind evident, wenn man auf die Menschen sieht, die solche Geräte über 10 Jahre und länger benutzt haben und dies meist auf derselben Kopfseite.“

Hirntumore brauchen für ihre Entwicklung normalerweise eine lange Zeit in der Grössenordnung von 15 bis 20 Jahren. Der Gebrauch von Mobil- oder Schnurlostelefonen ist mit der Entstehung von Hirntumoren und Akustikusneurinomen (Tumor am Hörnerv im Gehirn) verbunden, die bereits nach 10 Jahren auftreten können (eine kürzere Periode als bei den meisten anderen krebsfördernden Faktoren). „Dies weist darauf hin, dass wir Forschung an mehr Langzeitbenutzern brauchen, um die Risiken im vollen Umfang zu erfassen“, sagt Dr. Hardell.

Dr. Hardell´s Arbeit wurde in anderen Studien an Langzeitbenutzern bestätigt. Eine zusammenfassende Auswertung aller Studien über Hirntumore zeigt gesamthaft ein um 20% erhöhtes Risiko für Hirntumor (bösartiges Gliom) bei zehnjähriger Benutzung. Für Tumore auf der Seite des Kopfes, auf der das Telefon gehalten wird, steigt das Risiko jedoch auf 200% (doppeltes Risiko). „Kürzliche Studien, die ein erhöhtes Risiko von Hirntumoren und Akustikusneurinomen verneinen, haben Vieltelefonierer und solche, die das Mobiltelefon über 10 Jahre oder länger benutzt haben, nicht berücksichtigt, und sie betrachten auch nicht gesondert den Teil des Gehirns, welcher genügend bestrahlt ist, um einen Tumor zu entwickeln.“ Drahtlose, auf Mikrowellenstrahlung gestützte Technologien zum Senden von E-Mails und zur Übertragung von Gesprächen strahlen Tausende Male stärker als die Strahlungsquellen, die in Studien gesundheitliche Auswirkungen zeigten. Länger andauernde hochfrequente Strahlung und Mikrowellenstrahlung von Mobil- und Schnurlostelefonen, Mobilfunkantennen, WLAN und anderen drahtlosen Technologien hängen mit Krankheitssymptomen zusammen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Schwindel, Veränderungen der Gehirnaktivität und Störungen der Konzentration und des Gedächtnisses. Wissenschafter berichten, dass diese Effekte im Falle einer täglichen Strahlungsexposition schon bei sehr tiefen Expositionsniveaus auftreten können. Kinder sind dabei besonders empfindlich für Umwelteinflüsse jeglicher Art.

Die Co-Autorin des Berichts, Cindy Sage von Sage Associates, sagt aus: „Experten für öffentliche Gesundheit und EMF-Vorsorge haben nun ihre Meinung zur Gewichtung der Beweislage abgegeben. Demnach bieten die existierenden FCC-Grenzwerte und die internationalen Grenzwerte für die öffentliche und die berufliche Exposition durch elektromagnetische Felder und hochfrequente Strahlung keinen Schutz für die Volksgesundheit. Es wird empfohlen, neue, auf biologischer Basis gründende Grenzwerte für die Öffentlichkeit und die berufliche Exposition bezüglich biologischer Effekte und potenzieller gesundheitlicher Auswirkungen einer chronischen Exposition einzuführen. Dass solche Effekte bei einem Expositionsniveau weit unterhalb der meisten nationalen und internationalen Grenzwerte auftreten, wird heute verbreitet berichtet.“

Auf biologische Effekte abgestützte Expositionsgrenzwerte sind nötig, um organischen Funktionsstörungen vorzubeugen. Effekte werden genannt bezüglich DNA-Schäden (Genotoxizität, die direkt mit der Integrität des menschlichen Genoms zusammenhängt), Zellkommunikation, zellulärem Stoffwechsel und Reparaturmechanismen, Krebsüberwachung innerhalb des Körpers. Sie sind auch nötig für den Schutz vor Krebs und neurologischen Krankheiten. Ebenfalls berichtet wird über neurologische Auswirkungen einschliesslich Veränderungen der Gehirnstrom-Aktivitäten während Mobiltelefongesprächen, ferner über Gedächtnisstörungen, Störung von Aufmerksamkeit und kognitiven Funktionen, Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Effekte und Veränderungen der Immunfunktionen (allergische und entzündliche Reaktionen).

Der beteiligte Autor, Dr. Martin Blank von der Columbia University. Professor und Forscher auf dem Gebiet der Elektrobiologie betont: „Körperzellen reagieren auf EMF als potenzielle Schadensursachen genauso wie auf andere Umweltgifte mit Einschluss der Schwermetalle und toxischen Chemikalien. Die DNA lebender Zellen erkennt elektromagnetische Felder bei sehr tiefen Expositionsniveaus und reagiert darauf mit einer biochemischen Stressantwort. Die wissenschaftlichen Ergebnisse sagen uns, dass unsere Sicherheitsgrenzwerte untauglich sind und dass wir uns gegen die Exposition durch EMF infolge Hochspannungsleitungen, Mobiltelefonen und Ähnlichem selber schützen müssen.“ Dr. Blank ist Autor des Abschnittes über Stress-Proteine im Bericht der BioInitiative.


Kontakt: info@bioinitiative.org

Bericht: www.bioinitiative.org (frei verfügbar)

Titel: BioInitiative: A Rationale for a Biologically-based Public Exposure Standard for Electromagnetic Fields (ELF and RF)
Deutsch: „BioInitiative: Argumente für biologisch begründete öffentliche Grenzwerte gegenüber elektromagnetischen Feldern (NF und HF)“
 

[1] Die Faktoren beziehen sich hier auf die Leistungsflussdichte S, welche in der EU und den USA als Einheit verwendet wird. In der Schweiz bezieht sich der Grenzwert auf die Feldstärke E. Die Leistungsflussdichte verhält sich quadratisch mit der Feldstärke, d.h. aus einem Faktor hundert wird in der Einheit der Feldstärke ein Faktor 10.

Hierzu ist auch ein Brennpunkt erschienen:

Publikation zum Thema

BioInitiative: Konsortium aus Top-Wissenschaftlern fordert drastisch tiefere Grenzwerte
Format: A4Seitenanzahl: 3 Veröffentlicht am: 02.09.2007 Bestellnr.: Nicht verfügbar!Sprache: Deutsch

BioInitiative: Konsortium aus Top-Wissenschaftlern fordert drastisch tiefere Grenzwerte

Schwerwiegende Bedenken bezüglich Schädigung der öffentlichen Gesundheit durch EMF
Autor:
diagnose:funk
Inhalt:
Die heute gültigen Grenzwerte für elektromagnetische Felder basieren im wesentlichen auf der Überlegung, dass spontane Nervenreizungen durch hohe, im Körper induzierte Ströme verhindert werden müssen und Körpergewebe vor übermässiger Erwärmung, d.h. vor spontanem „Fieber“, geschützt werden muss. Eine Fülle an weiteren, biologischen Effekten der Strahlung, die schon bei viel tieferen Intensitäten auftreten, wird seit langem ignoriert, weil diese Effekte angeblich „wissenschaftlich nicht eindeutig belegt“ seien. Der Brennpunkt beinhaltet die Übersetzung der Pressemitteilung der BioInitiative vom 31. August 2007.
Artikel veröffentlicht:
02.09.2007
Autor:
diagnose:funk

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