Brennpunkt

DNA bricht je nach Sponsor

Mobilfunkforschung ad absurdum
Bereits im März 1959 beobachteten Forscher aus Connecticut (New England, USA) erstmals Erbgutschäden nach einer radiofrequenten Bestrahlung [1]: "Die beobachteten Effekte ähneln solchen die durch ionisierende Strahlung [2] oder cmitotische Substanzen [3] hervorgerufen werden" schrieben die Autoren in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift "Nature".

Seither ist nun ein halbes Jahrhundert vergangen, und dutzende weitere Studien zu Erbgutschäden durch Mikrowellenstrahlung (z. Bsp. "Handystrahlung") zeichneten ein verwirrendes Bild. Mobilfunk-Firmen wie Motorola pflegten zudem stets die absurde Ansicht, dass negative Studien (ohne gefundene Effekte) positive Studien neutralisieren würden. Um Zeit zu gewinnen, wurden kaum Anstrengungen unternommen, die Widersprüche aufzuklären.

US-Amerikanische Studie:

Wer zahlt, befiehlt
Um die verwirrende Lage endlich zu klären, trugen die beiden Experten Prof. Henry Lai [4] und Dr. Louis Slesin [5] alle Studien zusammen, welche sie zu dieser Frage finden konnten, und verglichen die Ergebnisse mit der Herkunft der Forschungsgelder [6]. Sie fanden 85 Studien welche in den letzten 16 Jahren in wissenschaftlichen Fachzeitungen publiziert wurden. 43 davon fanden einen "biologischen" Effekt auf das Erbgut, 42 fanden keinen Effekt. Zur Übersicht hier der Autor und das Publikationsjahr jeder untersuchten Studie:

DNA bricht nach SponsorQuelle: diagnose-funk brennpunkt 10/2006

Nun betrachten wir die Herkunft der Forschungsgelder. Hierfür werden die Studien folgendermassen markiert:

ROT: finanziert von der Industrie (*= teilweise)
BRAUN: finanziert von der US-Airforce (*=teilweise)
SCHWARZ: finanziert von der öffentlichen Hand oder anderen.
GRAU: Finanzierung unbekannt.

Quelle: diagnose-funk brennpunkt 10/2006

Man braucht kein Statistiker sein, um hier einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Resultat der Studie und dem Auftraggeber zu erkennen. Von den 3 Studien, welche trotz industriellem Auftraggeber einen Effekt fanden, wäre eine fast nicht publiziert worden (Phillips 98). Der Forscher hatte sich dabei über den Willen des Auftraggebers hinweggesetzt [8].

Schweizerische Studie:

Wer zahlt, befiehlt auch hier
Das Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern untersuchte ebenfalls dieses Jahr, ob ein Zusammenhang zwischen der Herkunft der Gelder und dem Ergebnis einer Studie existiert. Man untersuchte 59 Studien (zwischen 1995 bis 2005) zu gesundheitsrelevanten Effekten der Mobilfunkstrahlung und kam zum gleichen Schluss [9]: Studien, die nicht von der Industrie finanziert wurden, fanden 10mal häufiger statistisch signifikante Effekte als solche die rein von der Industrie finanziert wurden. Die Unterschiede konnten laut Mitautor Prof. Matthias Egger nicht mit der Methodik oder der Studienqualität erklärt werden. Sie müssten vielmehr auf die unterschiedliche Finanzierungsart zurückgeführt werden. [10] Nun stellt sich jedoch die Frage, was solche Studien noch mit der Wahrheitsfindung zu tun haben. Jürg Baumann vom Bundesamt für Umwelt (BAfU) dazu: "Resultate solcher Studien grundsätzlich nicht mehr bei Entscheidungsfindungen zu berücksichtigen wäre unfair" [11]. Unfair für die Industrie? Doch was ist mit dem Bürger, der sein Haus unter Marktpreis verkaufen muss, weil er es neben dem Handymast nicht mehr aushält? Pech gehabt, sagen die Beamten. Die Studien sind noch nicht eindeutig ...

Wissenschaft, die kein Wissen schafft:

Forschung wird zur Farce

Wissenschaftler geben sich gern als Verkünder objektiver, unanfechtbarer Wahrheit aus. Die uninformierte Öffentlichkeit hat sich zwar daran gewöhnt, dass Wirtschaftsbosse Bilanzen fälschen, aber man glaubt immer noch, dass Forscher höhere Ziele verfolgen, und daher objektiv arbeiten würden. Dabei sind viele Forscher "im Auftrag" tätig und vertreten in erster Linie die Interessen ihrer Geldgeber [12]. Dass hierunter sogar führende Mitarbeiter einzelner "wissenschaftlicher" Verleger fallen (wie z. Bsp. Radiation Research), legt die Analyse von Microwave News sehr nahe [13]. Es gibt zahlreiche Beispiele, wie Studien manipuliert oder sogar gefälscht werden, doch der Mythos der objektiven Forschung hält sich hartnäckig.

Wie weit die "Wissenschaft" heute bereits von Industrie und Politik instrumentalisiert wurde, lässt sich sehr schön an der Reaktion des dänischen Wissenschaftsministers Helde Sanders auf den drohenden Baustopp einiger Städte für UMTS-Antennen verdeutlichen: Er betonte vor der "Copenhagen Post" völlig unwissenschaftlich: "Ich habe keinen Zweifel, dass wir die öffentlichen Bedenken zerstreuen können" [14].
Die moderne Taktik der Industrie heisst derweil: Umarmen. Zur Brust nehmen, und zudrücken, bis es kaum noch unabhängige Wissenschaftler gibt, und nur noch Entwarnungs-Studien erstellt werden. So werden Risiken "unter den Tisch geforscht".

Referenzen

[1] Heller, J., Teixeira-Pinto, A.A.: "A new physical method of creating chromosomal abberations", Nature, No. 4665, 28. März 1959. Anm.: Die Frequenz betrug 27 MHz. Es war gemäss Autoren keine Temperaturerhöhung messbar.
[2] Röntgenstrahlung oder radioaktive (Gamma) Strahlung.
[3] C-Mitotische Substanzen (Spindelgifte) sind chemische Gifte, welche durch Einwirkung auf die Zellteilung meist irreversible Störungen im Spindelapparat der neuen Zellkerne hervorrufen.
[4] Professor an der University of Washington at Seattle. Top-Wissenschaftler der Bioelectromagnetic Society. Tel. 001-206-543 1071.
[5] Umweltwissenschaftler und Herausgeber der Microwave News, www.microwavenews.com
[6] "Radiation Research and the cult of negative results", http://www.microwavenews.com/RR.html
[7] In einer später publizierten Korrektur wurde angegeben, dass ein Effekt gefunden wurde.
[8] "Radiation Research and the cult of negative results", http://www.microwavenews.com/RR.html
[9] Huss A., Egger M., Hug K., Huwiler-Müntener K., Röösli M.,: "Source of funding and results od studies of health effects of mobile phone use: Systematic review of experimental studies.", Environmental Health Perspectives, epub ahead of print,doi:10.1289/ehp. 9149. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17366811
[10] "Geldgeber beeinflussen Resultate", NZZ Online, 21. September 2006.
[11] "Geldgeber hat Einfluss", Aargauer Zeitung am 22. September 2006.
[12] Aus "Käufliche Wissenschaft - Experten im Dienst von Industrie und Politik", A. Bultmann und F. Schmithals, Knaur Verlag.
[13] "Radiation Research and the cult of negative results", http://www.microwavenews.com/RR.html
[14] Bericht der Copenhagen Post, http://www.cphpost.dk

Publikation zum Thema

Format: A4Seitenanzahl: 3 Veröffentlicht am: 29.10.2006 Bestellnr.: Nicht verfügbar!Sprache: Deutsch

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Mobilfunk-Forschung ad absurdum
Autor:
diagnose:funk
Inhalt:
Die beiden Experten Prof. Henry Lai und Dr. Louis Slesin trugen Studien zusammen und verglichen die Ergebnisse mit der Herkunft der Forschungsgelder. Der Brennpunkt zeigt, daß man kein Statistiker sein muß, um einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Resultat der Studie und dem Auftraggeber zu erkennen.
Artikel veröffentlicht:
29.10.2006
Autor:
diagnose:funk
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