Hamburger Schulbehörde verteidigt WLAN

Nach Elternprotesten und BUND-Kritik
Kein WLAN-Stopp in Hamburg: Schulbehörde dementiert Pressemeldungen.

Die Hamburger Schulbehörde dementierte die Meldung, die WLAN Einführung sei gestoppt. Der Journalist, der diese Meldung mit Originalzitaten belegt veröffentlichte, wird diese wohl nicht erfunden haben. Offensichtlich gab es heftige Behörden - interne Diskussionen, die nun von oben gedeckelt wurden, zum Schaden der Jugendlichen.

Es geht den besorgten Eltern und dem BUND nicht um eine Ablehnung einer Erziehung im Umgang mit dem Computer und neuen digitalen Medien, sondern um den Ausschluss von Risiken, v.a. durch WLAN. WLAN ist keineswegs zwingend notwendig für das digitale Lernen. Die Presseerklärung lässt vermuten, dass ein keiner Stelle ernsthaft die Studienlage zu WLAN besprochen wurde. Mit den Einwänden des BUND findet dort keine inhaltliche Auseinandersetzung statt, die Kritiker werden formal als "kleine Gruppe" außerhalb der Schule abgetan. Trotzdem hat die Auseinandersetzung genützt: die WLAN - Einführung wurde in ganz Deutschland problematisiert. Und diese Auseinandersetzung muss weitergehen.
Die Baden-Württembergische Ärzte schreiben in einem offenen Brief an die zuständigen Minister zur WLAN-Einführung an Schulen: „Im Springer Reference-Book "Systems Biology of Free Radicals and Antioxidants" wird in dem Artikel "Effects of Cellular Phone- and Wi-Fi-Induced Electromagnetic Radiation on Oxidative Stress and Molecular Pathways in Brain" auf Grund der Gesamt-Studienlage darauf hingewiesen, dass gerade auch schwache (WLAN-) Strahlung gesundheitsschädlich ist. Nach Kenntnis dieses Stands der Forschung wäre die Einführung von WLAN eine Entscheidung wider besseres Wissen."

Die Hamburger Schulbehörde sollte auf diese Bedenken und Studienlage statt mit Textbausteinen vom "Fortschritt" konkrete Antworten geben.

Erstmeldung vom 30.11.2014

Hamburger Schulbehörde stoppt WLAN
An sechs Hamburger Schulen sollte das digitale Zeitalter Einzug halten. Stadt und Schulbehörde rudern nun zurück: Das Funknetz WLAN sei zu gefährlich für die Gesundheit der Schüler“ berichtet das Flensburger Tagblatt am 29.11.2014:

„Die von der Schulbehörde für nach den Sommerferien angekündigten Maßnahmen, die Schüler dreier Hamburger Stadtteilschulen und dreier Gymnasien jeweils mit Tablet und Notebook auszustatten, liegen vorerst auf Eis. Grund ist, dass der kabellose Internetzugang der Endgeräte durch das Funknetz WLAN ermöglicht werden soll. Sowohl mögliche gesundheitliche Folgen sind ungeklärt, als auch gesetzliche Rahmenbedingungen.“ „Sechs Schulen ersetzen Tafel, Schulbücher, Hefte und Stifte durch Laptop und Tablet im Unterricht“, hieß es noch im Mai in einer von Schulsenator Ties Rabe präsentierten Mitteilung. Im Laufe des zweijährigen Projektes sollten demnach bis zu 1300 Schülerinnen und Schüler und damit rund 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen dieser Schulen teilnehmen. Nun ruderte die Schulbehörde zurück. „Wir prüfen gerade, ob es datenschutzrechtliche oder andere juristische Probleme gibt“, räumte ihr Sprecher Peter Albrecht ein.“

Die Planungen waren bereits weit fortgeschritten, doch der Bürgerschaftsabgeordnete Walter Scheuerl, Eltern und der BUND stellten den Behörden kritische Fragen:
„Hohe Wellen hatte das Vorhaben vor allem geschlagen, weil der parteilose Bürgerschaftsabgeordnete Walter Scheuerl mit zwei Kleinen Anfragen in der Bürgerschaft und diversen Gutachten das Vorhaben zu torpedieren versuchte. So würden über die kabellosen lokalen Funknetze mittels des Ausstrahlens und Empfangens von extrem hoher Mikrowellenfrequenzen Daten übertragen.“

Der Brief des Ärztearbeitskreises Digitale Medien hat zum Nachdenken beigetragen, so schreibt das Tagblatt:
„In der Tat kritisierten einige Mediziner unlängst, die Einführung von Tablets, Smartphones und WLAN als Unterrichtsmedien an Schulen als „eine unkritische Übernahme eines Fortschritts-Hypes“. In einem Offenen Brief bemängeln 20 Mediziner vom „Ärztearbeitskreis Digitale Medien Stuttgart“, dass die aus der Wissenschaft und Medizin vorgebrachten Bedenken zur Nutzung digitaler Medien in den Schulen nicht beachtet würden. „Die Korrelation des Anstiegs von Überforderung, Kopfschmerzen, ADHS und psychischen Erkrankungen mit der wachsenden Nutzung der digitalen Medien ist besorgniserregend“, sagte der Ulmer Psychiater und Gehirnforscher Prof. Manfred Spitzer. Nach dem Stand der Wissenschaft sei deren Gesundheitsschädlichkeit eindeutig, die Belastung könne neben Konzentrationsstörungen auch zu Spermienschädigungen bis hin zu DNA-Strangbrüchen und damit zu Krebs führen. Die Hersteller, ebenso wie das Bundesamt für Strahlenschutz, würden bereits vor einer körpernahen Nutzung der Geräte warnen und Mindestabstände fordern, so die Ärzte.“

Weiter heißt es in dem Tagblatt Artikel:

„Weder Schulbehörde noch Gesundheitsbehörde der Hansestadt konnten sich zu diesen Warnungen äußern. Dirk Petersen, Umweltexperte der Verbraucherzentrale Hamburg, relativierte: „Es gibt aus unser Sicht keine verlässlichen Informationen, dass es schädlich ist.“ Dafür sei die Strahlung schlicht zu gering, so der Experte. Ellen Kruse, Sprecherin der AG Elektrosmog des BUND Hamburg, kritisierte hingegen: „Es gibt sehr viele neutrale Studien, die nachweisen, dass WLAN sehr schädlich ist.“ Sie forderte unabhängige Experten, die an Schulen aufklären. Besonders die gebündelte Nutzung in bis zu 30 Schüler umfassenden Klassen sei bedenklich, so Kruse. Auch die Weltgesundheitsorganisation warne davor, dass Mobilfunk möglicherweise krebserregend sein könnte. „Wir sind für das Vorsorgeprinzip“, sagte sie. Der BUND sei aber nicht fortschrittsfeindlich und plädiere für einen verkabelten Internetzugang an Schulen. In seinen Anfragen an den Senat ging es Scheuerl auch um das Thema Datenschutzerklärungen und ob den Sorgeberechtigten, volljährigen Schülern sowie Lehrkräften diese vorliegen würden und was passiere, wenn diese nicht unterschreiben würden. Die Schulbehörde räumte nun ein, genau dies gerade zu prüfen. Scheuerl sagte: „Die Behörde hatte das zuvor überhaupt nicht sorgfältig vorbereitet.“ Allerdings sei die WLAN-Nutzung aus seiner Sicht in Ordnung, wenn diese einwilligen würden. „Der Schuleinsatz für die Internetrecherche ist wichtig, es geht aber auch um Informationskompetenz“, so Scheuerl. Eine allgemeine Aufklärung forderte er auch über die pädagogischen und lernpsychologischen Folgen, haftungsrechtlichen Risiken, versicherungstechnischen Fragen sowie urheberrechtlichen Fragestellungen und Risiken.“

Publikation zum Thema

4. überarbeitete und aktualisierte Auflage Format: A5Seitenanzahl: 100, farbig Veröffentlicht am: 15.09.2019 Bestellnr.: 103Sprache: DeutschHerausgeber: diagnose:funk, Titelfoto: Cora Müller - stock.adobe.com

Vorsicht WLAN!

Risiken und Alternativen beim Einsatz von WLAN in Schulen, am Arbeitsplatz und Zuhause.
Autor:
diagnose:funk | Dr. K. Scheler, Dipl.-Ing. (FH) G. Krause
Inhalt:
"Kein WLAN an Schulen" - warum eigentlich nicht? Smartphones, Tablets, Spielekonsolen u.v.m. nutzen in der Regel WLAN statt Kabelverbindungen mit dem Router. Als scheinbar risikolose Basistechnologie wird WLAN derzeit vermarktet: Hotels, Bibliotheken, Gaststätten, Erholungsparks, Busse und Bahnen, sogar Städte und Gemeinden werben mit ihren kostenlosen WLAN-Hot-Spots. Auch in immer mehr Schulen soll und wird WLAN eingesetzt. Heute wissen wir: WLAN ist eine Risikotechnologie, viele Einzelstudien weisen bei ständig wiederkehrender Bestrahlung mit WLAN Gesundheitsgefahren nach, die WHO hat sie als möglicherweise krebserregend eingestuft. Die gesundheitlichen Gefahren von WLAN insbesondere für Kinder und Jugendliche im Hinblick auf ihre Entwicklung und ihre kognitiven Funktionen sind erheblich. Mit welchen Maßnahmen kann jeder seine persönliche Strahlenbelastung minimieren? .Welche Möglichkeiten haben Schulen Risiken weitestgehend zu vermeiden? Und welche leistungsfähigeren Alternativen zum heutigen WLAN gibt es bereits heute? Darüber klärt dieser Ratgeber auf.
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