RBB berichtet über die gläserne Jugend

Suchtfalle Smartphone

TV-Reportage über Chancen und Gefahren
Das Internet ist ein fantastischer Ort der Information und des Austauschs. Aber es gefährdet auch die eigenen Entscheidungen von Jugendlichen, wie Wissenschaftler nachweisen konnten. Denn sein Gebrauch gerät für viele fast zur Sucht, wird manipuliert, kommerziell gesteuert und überwacht.

Studien zeigen, dass Jugendliche täglich vor allem über Facebook und WhatsApp ihr Smartphone bis zu 130mal einschalten. Ihre Bewegungsmuster und Intimdaten können jederzeit ausspioniert werden. Auch mögliche Strahlenschäden werden diskutiert. Was lässt sich tun, damit unsere Kinder mehr Medienkompetenz erlangen?

Liebling Smartphone
Der Alltag für Familien hat sich geändert. Am Frühstückstisch treffen inzwischen die Smartphones der Kinder auf die der Eltern. Man unterhält sich weniger. Auch in der Schule und am Nachmittag geht es nicht mehr ohne die Geräte. Der Berliner Professor Joe Groebel, Begründer der Medienpsychologie in Deutschland und auch Dr. Ulrich Preuß von der Asklepios-Klinik für Kinder und Jugendpsychiatrie Brandenburg beschreiben als Folgen einerseits schnelleres Denken, andererseits Stress durch den Gruppendruck etwa bei WhatsApp und schwindende Konzentrationsfähigkeit.

Eine APP gegen Sucht
Junge Menschen verbringen über 3 Stunden am Tag am Smartphone, eine erhebliche Zeit davon vor allem mit WhatsApp. Dabei unterbrechen sie ihr eigentliches Tun ständig. Forscher um den Bonner Informatiker Prof. Alexander Markowetz haben die App „Menthale“ entwickelt, mit der sich der Smartphonegebrauch studieren lässt.

Der gläserne Jugendliche
Wir beobachten die alltägliche Kommunikation eines Mädchens. Es produziert mit den Apps auf dem Smartphone, ohne es zu wissen, eine breite Spur persönlichster Daten, die im weltweiten Netz auf Abruf stehen, darunter sogar unverschlüsselte Passwörter. Die Firma Media-Test-Digital aus Hannover hat sich auf die Analyse von Handysoftware spezialisiert. Deren Fachleute haben in der Hälfte aller Apps drastische Sicherheitslücken gefunden. Ständig gehen Daten aus Adressbüchern, über Konsumwünsche, den Aufenthaltsort und unsere politischen Interessen an fremde Server. So werden wir gezielt zu gläsernen Menschen gemacht, beschreibt der Buchautor Sascha Adamek.

Medienkompetenz in Schulen?
Nach einer exklusiven Umfrage des Brandenburger Bildungsministeriums für OZON an Brandenburger Schulen werden Smartphones überwiegend nur in der Pause zugelassen und im Unterricht kaum eingesetzt. Anders am Berliner Carl-von-Ossietzky-Gymnasium und an der Leonardo-da-Vinci-Gesamtschule Potsdam. Medienkompetenz braucht Training. Erst 2016 soll das Thema in die Berliner und Brandenburger Lehrpläne integriert werden. Mitarbeiter der Potsdamer Medienwerkstatt konnten bislang Schulen Workshops anbieten. Doch nun gibt es keine Förderung mehr.

Alternativen gegen die Strahlenbelastung
Mehr als 40 internationale Studien in Fachzeitschriften belegen eine Strahlenbelastung durch WLAN und digitale Endgeräte wie Smartphone und Tablets. Verbraucherschutzorganisationen wie „Diagnose Funk e.V.“ warnen. Als Folgen werden u.a. Spermienschädigungen, Auswirkungen auf Embryos und Gehirntumore beschrieben. Ärzte fordern deshalb eindringlich, Schulen nicht mit immer dichteren WLAN-Netzen auszustatten, sondern ungefährliche Kabelverbindungen zu nutzen und optische Datenübertragungssysteme einzuführen, wie sie zum Beispiel vom Berliner Heinrich-Hertz-Institut entwickelt wurden.

 Siehe hierzu auch Manuskripte (PDF) unter "Weiterführende Links".

Publikation zum Thema

umwelt-medizin-gesellschaft 3/2014Format: A4Seitenanzahl: 8 Veröffentlicht am: 01.03.2014 Herausgeber: umwelt-medizin-gesellschaft

Risiken der Sozialisation von Kindern und Jugendlichen durch digitale Medien


Autor:
Peter Hensinger
Inhalt:
Digitale Medien verändern unsere Gesellschaft, die Sozialisation, das Kommunikationsverhalten, sie haben körperliche und psychosomatische Auswirkungen. Es findet eine Digitalisierung des Natürlichen statt. Der Digitalismus führt zu einschneidenden Veränderungen, die in Wechselwirkung stehen. Die Vision des Behaviorismus, dass eine monopolistisch informierte Elite mit Techniken der Konditionierung Medien dazu einsetzt, Verhalten über positive Reize und Belohnungen zu steuern, bekommt in der Konditionierung der Nutzer durch elektronische Medien erstmals massenhaft praktische Bedeutung. Der Staat muss sich vom massiven Einfluss der Telekommunikationsindustrie lösen, die Privatsphäre der Bürger:innen schützen, eine Vorsorgepolitik betreiben und die Jugend zur Medienmündigkeit erziehen. Schlüsselwörter: Big Data, Konsumrausch, Digitale Demenz, Elektrosmog.
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