EU-Glühlampenverbot: Teuer, sinnlos, gefährlich

ARD-Report München
Die Europäische Kommission will 2009 die Glühbirne aus allen europäischen Haushalten verbannen. Mit dem Verbot der Glühbirne soll ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Stimmt das? Klimaschützer und Mediziner üben immer heftigere Kritik an dem Verbot.

Das Klima wollen wir alle retten, und deshalb drehen viele bereits zu Hause brav die Glühbirnen raus und kaufen Energiesparlampen. Denn die Glühbirne frisst zu viel Strom. Und wenn wir weniger Strom verbrauchen, sinkt auch der Ausstoß des Klimagases CO2, das sagt die EU und verbietet deshalb ab September nach und nach alle Glühbirnen.

Report München sagt aber: Rettet die Glühbirne.

Seit über 100 Jahren spendet sie ein wärmendes, lebendiges Licht. Die Glühbirne ist schlichtweg ein Kulturgut. Ein Kulturgut was jetzt von der EU im Namen des Klimaschutzes verboten wird. Zu Gunsten von Energiesparlampen mit oft blassem oder bläulichen Licht. Doch der Widerstand gegen das Glühlampenverbot wächst.

Eine Verbraucherin: "Das ist eine Entmündigung des Kunden, wenn man nicht mehr selbst entscheiden kann." Eine andere: "Mit einem Verbot erreicht man sowieso nicht viel. Man muss die Leute überzeugen."

Die EU-Kommission feiert ihr Verbot wie ein Wunderwerk: "Dies ist unsere bisher sichtbarste ökologische Maßnahme, bahnbrechend."

Was bringt das Glühbirnenverbot wirklich? Im Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung fragen wir den Ko-Vorsitzenden des Weltklimarates. Und erhalten dort eine erstaunliche Antwort. Professor Ottmar Edenhofer: "Das Verbot der Glühbirne ist blinder Aktionismus und zeugt von einer Regulierungswut, die der Klimapolitik kaum hilft, denn es geht jetzt nicht darum, den Bürgern etwas zu verbieten, sondern nach Möglichkeit den Bürgern Anreize zu schaffen, die sie dafür belohnen, wenn sie herausfinden, wo man am günstigsten und am billigsten CO2 vermeidet."

Doch damit nicht genug. Energiesparlampen könnten auch gesundheitsschädlich sein, das fürchtet der Berliner Charité-Chefarzt Dieter Kunz. In Untersuchungen hat er herausgefunden: Ein hoher Blauanteil im Lampenlichtspektrum wirkt wie ein Wachmacher auf den menschlichen Körper. Denn das bläuliche Licht unterdrückt das Schlafhormon Melatonin. Wenn die Sparlampen also künftig allabendlich die Wohnzimmer erleuchten, könnte dies auf Dauer ungesunde Folgen haben. "Die heute gebräuchlichen Energiesparlampen haben einen hohen Blauanteil, und Licht aus dem blauen sichtbaren Spektrum ist ein Takter für die innere Uhr am Tage. Das heißt, es ist sehr gut für die innere Uhr, wenn am Tage ein hoher Blauanteil da ist. Wenn dieser Blauanteil aber während der Nacht vorhanden ist, dann ist das das falsche Signal an die innere Uhr und bringt diese durcheinander. Störungen der inneren Uhr führen zu Störungen in jedem Bereich der Medizin. Wir wissen, dass das zum Beispiel Einfluss hat auf Tumorerkrankungen, aber auch auf Herzinfarkte, auf Depressionen und eine ganze Reihe von anderen Erkrankungen."

Der Lichtdesigner und Elektroingenieur Prof. Heinrich Kramer von der Universität Aachen nimmt diese Bedenken sehr ernst. Er hat die Beleuchtung für berühmte Museen, Denkmäler und Kultureinrichtungen auf der ganzen Welt installiert. Kramer ist ein Gegner der Energiesparlampe, und er ist sogar davon überzeugt, dass auch die neuen Sparlampen, die ein wärmeres Licht versprechen, das bedenkliche Blau in ihrem Spektrum enthalten. "Es ist und bleibt immer derselbe Blauanteil in der Lampe drin, und der schädigende Anteil bleibt eben auch der gleiche. Das ist ganz unabhängig von der Art der Lichtfarbe, die ich kaufe, ob warmweiß oder neutralweiß oder tageslichtweiß."

Wir konfrontieren den Herstellerverband, den Zentralverband Elektroindustrie ZVEI mit den Bedenken. Der räumt sogar ein, dass Licht mit höheren Blauanteilen eher wach macht. Allerdings sei für einen natürlichen Melatoninzyklus die Art des Lichtes zu Hause weniger relevant als die Intensität des verwendeten Lichts. Vorsichtshalber rät der ZVEI: Wer dennoch den Eindruck hat, dass Energiesparlampen zu Einschlafstörungen führen, kann an deren Stelle Halogenlampen einsetzen.

In Brüssel konfrontieren wir auch die EU-Kommission. Der zuständige Sprecher sieht für gesundheitliche Risiken von Energiesparlampen keine wissenschaftlichen Belege. Auch von den Bedenken der Klimaforscher, dass ein Glühlampenverbot womöglich keinen Klimaschutz bringt, will er nichts wissen. "Wir sprechen von jährlich 5-10 Milliarden Euro, die mit dieser Maßnahme eingespart werden können. Wir sprechen von 15 Millionen Tonnen CO2 Einsparung in der Industrie. Und 50-60 Euro, die jeder Haushalt mit Energiesparlampen sparen kann. Wie auch immer betrachtet, das ist eine sehr gute Nachricht für den Verbraucher."

"Dass Milliarden zurückfließen ist hochgradig fragwürdig. Ich habe eher das Gefühl, dass die Industrie das Produktverbot deshalb begrüßt, weil sie an den klassischen Lampen, die seit 100 Jahren auf dem Markt sind, nichts mehr verdient und sehr gerne die Energiesparlampen nach vorne drücken will, weil die Margen höher sind. Am Ende belastet das den Verbraucher." Glühlampensozialismus nennt Heinrich Kramer das.

Wir fragen noch mal den Klimaschützer Professor Edenhofer in Potsdam, warum er das Glühlampenverbot ablehnt und auf andere Maßnahmen zur Vermeidung von CO2 setzt. "Die EU soll sich darum kümmern, dass wir einen vernünftigen Emissionshandel bekommen. Wenn nämlich der Emissionshandel funktioniert, dann werden damit automatisch die günstigsten Vermeidungsoptionen herausgefunden, und dann ist ein Glühbirnenverbot überflüssig."

Mit dem Emissionshandel gibt es also schon eine EU-Maßnahme, um CO2 einzusparen, sagt auch der renommierte Klimaökonom Andreas Löschel vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung ZEW in Mannheim. Ein zusätzliches Glühlampenverbot bringe daher - nichts. "Durch das Glühlampenverbot wird in Europa keine Tonne CO2 eingespart werden. Wir haben in Europa ein sehr gutes Instrument, den Emissionsrechtehandel, der eine Obergrenze für die Emissionen mit CO2 festlegt. Wenn nun durch das Glühlampenverbot weniger Strom nachgefragt wird, führt das dazu, dass die Stromerzeuger weniger von diesen Verschmutzungsrechten benötigen, genau diese werden aber andere Branchen aufgreifen, und in der Summe bleiben die Emissionen an CO2 die gleichen. Die beiden Instrumente zusammen - Glühlampenverbot oder andere technische Maßnahmen und der Emissionsrechtehandel - funktionieren nicht. Ökologisch ist das Glühlampenverbot vollkommen wirkungslos."

Im Gebäude der EU-Kommission sieht man das natürlich anders und lässt in den Büros demonstrativ Energiesparlampen strahlen. Unterdessen legen sich wütende Verbraucher bereits vorsorglich einen Glühbirnenvorrat an. Sie wollen sich ihre Lebensqualität nicht von der EU verordnen lassen.

Und die Glühbirne ist erst der Anfang. Weitere Maßnahmen sind geplant. Hinter vorgehaltener Hand soll bei der EU schon - und das ist kein Witz - über die Abschaffung von Kaffeemaschinen und elektrischen Zahnbürsten diskutiert werden ...

Artikel veröffentlicht:
06.01.2009
Quelle:
ARD - Report München vom 5.1.2009 21:45 Uhr. Text aus der Sendung, mitgeschrieben von Wolfgang Maes.
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