Handynutzung in der Schwangerschaft

Studie deckt spätere Verhaltensstörungen auf
Warnung: Während der Schwangerschaft ein Mobiltelefon zu benützen, kann Ihr Baby ernsthaft schädigen.

Studie an 13 000 Kindern deckt einen Link zwischen dem Gebrauch von Mobiltelefonenn und späteren Verhaltensstörungen auf.

Frauen, die während der Schwangerschaft ein Mobiltelefon benützen, bringen gemäss einer massgebenden Forschung, mit grösserer Wahrscheinlichkeit ein Kind mit Verhaltensstörungen zur Welt.

Eine sehr grosse Studie, die mehr als 13 000 Kinder überprüfte, fand, dass die zwei- oder dreimalige Benützung eines Mobiltelefons pro Tag genügten, um das Risiko für die Entwicklung von Hyperaktivität und Kontaktschwierigkeiten, Affekten und Beziehungsproblemen ihrer Babys bis zum Zeitpunkt des Erreichens des Schulalters zu erhöhen. Und sie fügt hinzu, dass die Wahrscheinlichkeit sogar noch grösser wird, wenn die Kinder selbst vor dem Alter von sieben Jahren ein Mobiltelefon benützt haben.

Die Resultate der Studie, die erste ihrer Art, haben die Top-Wissenschafter, die sie leiteten, in Erstaunen versetzt. Aber sie folgen den Warnungen an schwangere Frauen und Kinder, die Mobiltelefone benützen durch die offizielle russische Strahlenschutzbehörde, welche glaubt, dass die Gefahr, die sie in sich bergen, "nicht viel geringer ist, als das Risiko für die Gesundheit der Kinder durch Tabak und Alkohol."

Die Forschung - an den Universitäten von Kalifornien, Los Angeles (UCLA) und Aarhus, Dänemark - steht vor der Veröffentlichung in der Juli-Ausgabe der Zeitschrift Epidemiology und wird ihr Hauptgewicht darauf legen, weil einer ihrer Autoren zweifelte, dass Mobiltelefone ein Gesundheitsrisiko darstellen.

UCLA´s Professor Leeka Kheifets – welcher eine Schlüsselposition der ICNIRP innehat, jener Institution, welche die Expositionsrichtlinien für Mobiltelefone festlegt – schrieb vor dreieinhalb Jahren, dass die Resultate von Studien an Menschen, die sie benutzten "bis dato keinen konsistenten Beweis eines Kausalzusammenhangs zwischen Exposition durch hochfrequente Felder und einer gesundheitsschädigenden Wirkung haben".

Die Wissenschafter befragten die Mütter von 13 159 in Dänemark geborenen Kindern in den späten Neunzigern über ihren Mobiltelefongebrauch während der Schwangerschaft und deren Gebrauch durch ihre Kinder und deren Verhalten bis zum Alter von sieben Jahren. Da die Mütter geboren hatten, bevor Mobiltelefone allgemein gebräuchlich waren, und die Hälfte sie nur selten oder überhaupt nicht benutzt hatte, war es möglich, einen Vergleich anzustellen.

Sie fanden, dass die Mütter, die Mobiltelefone tatsächlich benutzt hatten, zu 54 Prozent mit grösserer Wahrscheinlichkeit Kinder mit Verhaltensstörungen hatten und dass diese mit dem Anstieg der potenziellen Strahlungsexposition wuchsen. Sie waren einem 25 Prozent grösseren Risiko für emotionale Probleme ausgesetzt, zu 34 Prozent Schwierigkeiten in der Beziehungen zu Gleichaltrigen, zu 35 Prozent der Möglichkeit der Hyperaktivität und zu 49 Prozent grösseren Verhaltensstörungen.

Die Wissenschafter sagten, dass die Resultate "unerwartet" waren und dass sie keine biologischen Mechanismen kannten, die sie verursachen könnten. Aber wenn sie versuchten, sie zur erklären und andere mögliche Ursachen in Betracht zu ziehen – wie das Rauchen während der Schwangerschaft, familiäre psychiatrische Hintergründe oder den sozioökonomischen Status – fanden sie, dass auch, wenn diese nicht vorhanden waren, die Verbindung mit dem Mobiltelefon sogar noch stärker wurde.

Sie fügten hinzu, dass es andere mögliche Erklärungen geben müsse, die sie nicht untersucht hatten – wie jene, dass Mütter, die ihre Handys häufig benutzt hatten, ihren Kindern weniger Aufmerksamkeit schenkten - und betonen, dass die Resultate "mit Vorsicht interpretiert werden sollten" und in weiteren Studien abgeklärt werden sollten. Aber sie schliessen, dass "wenn sie wirklich vorhanden wären, sie eine grössere Wirkung auf die allgemeine Gesundheit haben müssten".

Professor Sam Milham, von der erstklassigen Mount Sinai-Schule für Medizin in New York und der Universität von Washington-Schule für öffentliche Gesundheit – einer der Pioniere der Forschung auf diesem Gebiet – sagte letzte Woche, dass er keinen Zweifel daran hatte, dass die Resultate echt waren. Er machte klar, dass eine neuere kanadische Forschung an trächtigen Ratten, die einer ähnlichen Strahlung ausgesetzt waren, strukturelle Veränderungen in den Gehirnen ihrer Nachkommen gefunden hat.

Das RNCNIRP (russisches nationales Komitee zum Schutz vor nichtioniersende Strahlung) sagt, dass der Gebrauch von Handys für beide, sowohl für schwangere Frauen als auch für Kinder "begrenzt" werden sollte. Daraus folgt, dass Kinder, die mit Handys telefonieren, voraussichtlich an "Gedächtnisstörungen, verminderter Aufmerksamkeit, verminderter Lernfähigkeit und kognitiver Fähigkeit, zunehmender Reizbarkeit" kurzzeitig leiden könnten und dass als Langzeit-Risiken "depressive Syndrome" und "Degeneration von Nervenstrukturen des Gehirns" folgen könnten.

Artikel veröffentlicht:
19.05.2008
Autor:
Geoffrey Lean, dt. Übersetzung: Evi Gaigg, Diagnose-Funk
Quelle:
The Independent, 18. Mai 2008
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