Ausgangssituation - der Netzausbau geht weiter

Wie Vorsorge gelingen kann

Der Markt für mobile Anwendungen wächst weiter. Das Datenvolumen, welches über die Mobilfunknetze abgewickelt wird, stieg in den letzten 6 Jahren um ca. 40 % pro Jahr. Die Betreiber reagieren darauf einerseits mit der Einführung effizienter Übertragungstechniken und andererseits mit einer Netzverdichtung durch neue Sendeanlagen auf bestehenden und neuen Standorten [1].

2013 wurden ca. 185.000 Mobilfunkbasisstationen an über 71.200 Standorten in Deutschland betrieben. Bis 2016 kamen knapp 2.500 neue Senderstandorte dazu. Zusammen mit den Aufrüstungen waren dann ca. 235.000 Basisstationen in Deutschland in Betrieb. 

Anfang 2021 sind es interessanterweise trotz des ständigen Ausbaus nach Angaben der Bundesnetzagentur sogar ein paar weniger Standorte. Das liegt vor allem daran, dass seit Oktober 2014 offiziell nur noch drei Mobilfunkbetreiber am Markt agierten, nachdem die Firma E-Plus mit Telefonica/O² fusioniert hat. Nach der Fusion wurde von E-Plus vermeldet, dass bis zu 40.000 Mobil-funkbasisstationen abgebaut werden könnten [2]. Dort, wo nicht benötigte doppelte Infrastrukturen vorhanden waren, wurden Deinstallationen auch umgesetzt.

Hinzu kommt, dass vielerorts kleine Senderstandorte auf Hausdächern durch große Masten mit vielen Sendeanlagen ersetzt wurden. Bestehende Verträge liefen aus und nicht wenige Vermieter wollten die umstrittenen Sendeanlagen auch loswerden. Zudem wurde, wo möglich, an bestehenden Standorten massiv nachgerüstet. So sind Ende 2020, trotz gleicher Standortzahl wie 2016, ca. 300.000 Basisstationen in Deutschland installiert, das entspricht einem Zubau von 25 % in vier Jahren.

Moderne sog. Multibandantennen sind in der Lage, mehrere Dienste in einem Antennenkörper zu vereinen. Somit ist heutzutage nicht mehr oder nur schwer erkennbar, wie viele Basisstationen, unterschiedliche Dienste oder Kanäle eines Dienstes in einem sichtbar montierten Antennenkörper verbaut sind. Die Basisstation eines Dienstes – wie sie als Einzelanlage bei der Bundesnetzagentur gezählt wird, besteht i. d. R. aus drei Sektorantennen, die jeweils einen Raumbereich von 120° abdecken sollen. Auf jedem Sektor wird zudem eine unterschiedliche Anzahl von Kanälen pro Dienst betrieben.

In tausenden Gemeinden wurden in den letzten Jahrzehnten teils heftige Auseinander-setzungen um die Aufstellung dieser Sendeanlagen geführt. Immer noch wachen morgens Bürger auf und lesen in der Zeitung, oder müssen mit ansehen, wie auf dem Nachbarhaus oder in der Nähe der Tagesstätte oder der Schule ihrer Kinder neue Mobilfunksendeanlagen errichtet werden. Einen kleinen Eindruck über das Ausmaß dieser Konflikte liefert die Widerstands- & Vernetzungskarte auf unserer Internetseite.

Kommunen sind häufig unvorbereitet

Erste Ansprechpartner für besorgte Bürger sind die Verwaltungen der Gemeinden. Trotz aktueller Aufklärungsbemühungen des Bundes sind diese oftmals unvorbereitet mit einer Standortanfrage der Betreiber oder dem Protest der Bürger gegen eine Standortplanung konfrontiert und kommen wegen der kurzen Bearbeitungsfristen unter erheblichen Zeitdruck und sind so mit der Problematik nicht selten überfordert. Hinzu kommt, dass viele Kommunen immer noch der Auffassung sind, es gäbe keine oder kaum Möglichkeiten kommunaler Einflussnahme bei der Standortwahl und Ausgestaltung. Das ist mitnichten so.

Leider haben sich auch die kommunalen Spitzenverbände des Bundes dazu hinreißen lassen, im Juli 2020 einen neuen Mobilfunkpakt mit den Betreibern zu beschließen, der wichtige Elemente der kommunalen Autonomie konterkariert. Der rechtssichere Weg der aktiven Mitgestaltung der Standortfindung und Ausgestaltung der Mobilfunkversorgung wird den Kommunen darin vorenthalten.

Das Europaparlament, der Europarat, internationale Wissenschaftlerverbände, Institute, der BUND und viele europäische Verbraucherschutzorganisationen fordern seit langem eine Minimierung der Strahlen-belastung und die Umsetzung des Vorsorgeprinzips beim Mobilfunkausbau. Dies kann erreicht werden, wenn die Standortwahl und die Aufstellung von Mobilfunksendeanlagen vorrangig nach Kriterien des Immissionsschutzes erfolgt. Hierzu sind die Betreiber der Mobilfunknetze i. d. R. weiterhin freiwillig nicht bereit. Sie agieren unter dem Freifahrtschein der hohen Grenzwerte und industriefreundlicher Verordnungen. Der billige Standort steht im Rahmen ihres Versorgungsziels immer noch als maßgebender Faktor im Vordergrund ihres Planens und Handelns.

Immissionsminimierung

Bild: sunakri - stock.adobe.com
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Vorsorge gelingt mit einer guten Standortwahl nach Kriterien des Immissions-schutzes.

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diagnose:funk

Vorsorgeorientierte Initiativen

Interaktive Karte Grafik: diagnose:funk
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Mit dem rasanten Mobilfunkausbau wuchs auch der Widerstand der Bürger

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